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41 Innere AngelegenheitenNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Verletzung im Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens durch Versagung der Erteilung eines Sichtvermerks wegen denkunmöglicher Anwendung einer Bestimmung des FremdenG; sachliche Rechtfertigung des Ausschlusses der Berufung gegen die Versagung oder Ungültigerklärung eines SichtvermerksRechtssatz
Dem Gesetzgeber bleibt bei der Regelung einer Materie die Entscheidung überlassen, ob ein administrativer Instanzenzug überhaupt eingerichtet wird (vgl zB VfSlg 9600/1983).
Gegen die Versagung oder Ungültigerklärung eines Sichtvermerkes ist dem §70 Abs2 FremdenG zufolge eine Berufung ausgeschlossen. Die unterschiedliche Behandlung der von Abs1 des §70 FremdenG erfaßten Fälle und jener, die Abs2 regelt, ist sachlich zu rechtfertigen und begegnet daher unter dem Blickwinkel des Gleichheitsgrundsatzes keinen Bedenken.
§28 Abs2 FremdenG, demzufolge EWR-Bürger zur Einreise und zum Aufenthalt keinen Sichtvermerk brauchen, ist im Hinblick darauf, daß das EWR-Abkommen (noch) nicht in die österreichische Rechtsordnung eingegangen ist, (derzeit) nicht anwendbar.
Der Beschwerdeführer ist mit einer Österreicherin verheiratet und hat ein in Österreich lebendes, minderjähriges Kind. Diese Umstände waren der Behörde auch bekannt. Die Behörde ging jedoch in der bekämpften Erledigung davon aus, daß sie sich bei Vollziehung des §10 Abs1 Z4 FremdenG nicht damit auseinanderzusetzen habe, ob durch die Sichtvermerksversagung das Privat- und Familienleben (Art8 EMRK) des Sichtvermerkswerbers tangiert wird. Diese Interpretation unterstellt aber dem Gesetz fälschlicherweise einen verfassungswidrigen Inhalt (vgl G212/92 ua, E v 13.03.93, zur inhaltlich identen Vorgängerbestimmung des §25 Abs3 litd PaßG 1969).
(ähnlich: B319/93 ua, E v 30.06.93).
Entscheidungstexte
Schlagworte
Paßwesen, Verwaltungsverfahren, Zuständigkeit Verwaltungsverfahren, Instanzenzug, Berufung, Geltungsbereich eines Staatsvertrages, Staatsverträge, Auslegung verfassungskonforme, Fremdenrecht, Privat- und FamilienlebenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1993:B302.1993Dokumentnummer
JFR_10069370_93B00302_01