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62 ArbeitsmarktverwaltungNorm
B-VG Art18 Abs1Leitsatz
Aufhebung der Untersagung der Beschäftigung von Ausländern durch die Bezirksverwaltungsbehörde bei beharrlichen Verstößen gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz wegen Verstoßes gegen das Determinierungsgebot; Zweck der Regelung im Dunkeln; kein Verstoß gegen Art6 der EMRK; keine Verwaltungsstrafbestimmung sondern administrative Maßnahme; öffentlich-rechtliches Verbot der Beschäftigung von Ausländern keine strafrechtliche Anklage und kein civil rightRechtssatz
Kein Verstoß der Untersagung der Beschäftigung von Ausländern durch die Bezirksverwaltungsbehörde bei beharrlichen Verstößen gegen das AuslBG gegen Art6 Abs1 EMRK.
Die in §30 AuslBG vorgesehene Untersagung der Beschäftigung von Ausländern stellt keine Verwaltungsstrafe, sondern eine administrative Maßnahme dar.
Das öffentlich-rechtliche Verbot der Beschäftigung von Ausländern ist demnach keine strafrechtliche Anklage; es betrifft aber auch kein "civil right" im Sinne des Art6 Abs1 EMRK.
Würden bloße Auswirkungen auf die privatrechtlichen Beziehungen von Betroffenen eine Maßnahme schon zu einer Entscheidung über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen machen, verstieße übrigens nicht nur §30 AuslBG, sondern die Regelung der Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen insgesamt gegen Art6 Abs1 EMRK; es könnte dann keinen Unterschied machen, ob die Beschäftigung von Ausländern überhaupt oder nur die Beschäftigung von bestimmten Ausländern verboten ist oder nicht bewilligt werden darf.
Keine Einschränkung der Privatautonomie.
Es handelt sich gerade nicht um eine Entscheidung über den persönlichen Status eines Bürgers im allgemeinen, sondern um eine Maßnahme zur Verfolgung eines ganz bestimmten Verwaltungszwecks, die ausschließlich im öffentlichen Recht wurzelt und nicht die Rechtsverhältnisse der Bürger unter sich regelt.
Der erste Satz des §30 AuslBG, BGBl 218/1975, wird als verfassungswidrig aufgehoben.
§30 Satz 1 AuslBG ist derart unbestimmt, daß eine Vollziehung aufgrund des Gesetzes nicht möglich ist; er verstößt daher gegen Art18 Abs1 B-VG.
Voraussetzung eines Verbotes nach §30 AuslBG sind allein "beharrliche Verstöße gegen die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes". Da das Gesetz an anderer Stelle (§4 Abs3 Z12) von "wiederholter" verbotswidriger Beschäftigung spricht, wird darunter wohl ein mindestens dreimaliger Verstoß zu verstehen sein. Es ist dem Gesetz aber nicht zu entnehmen, ob sich der Arbeitgeber (mehrmals) strafbar gemacht hat oder überhaupt bestraft worden sein muß.
Es bleibt ferner offen, ob die Behörde die Folgen des Verbotes für den Arbeitgeber und für die bei ihm allenfalls in Beschäftigung stehenden Ausländer in Betracht zu ziehen hat. Entscheidend verstärkt werden diese Unklarheiten aber schließlich durch den vom Verwaltungsgerichtshof hervorgehobenen Umstand, daß in §30 AuslBG - anders als in den einschlägigen Vorschriften der genannten Gesetze - nicht bestimmt ist, ob das Verbot nur für immer ausgesprochen (wofür der Wortlaut spricht) oder auch bloß auf bestimmte Zeit begrenzt werden kann (was einige Auslegungsvarianten nahelegen).
Inwieweit ein nicht als Strafe drohendes Verbot der Beschäftigung von Ausländern jedoch geeignet sein könnte, die verbotswidrige Beschäftigung von Ausländern hintanzuhalten, ist nicht erkennbar. Damit bleibt aber der Zweck der Regelung insgesamt im Dunkeln.
Schlagworte
Arbeitsrecht, Ausländerbeschäftigung, Strafrecht, Privatautonomie, civil rights, DeterminierungsgebotEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1993:G226.1992Dokumentnummer
JFR_10069298_92G00226_01