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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung des Individualantrags auf teilweise Aufhebung eines örtlichen Raumordnungskonzeptes mangels unmittelbarer Betroffenheit der Rechtssphäre der Antragsteller sowie des Antrags auf Aufhebung des aufsichtsbehördlichen GenehmigungsbescheidesSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. Die Antragsteller begehren mit dem auf Art139 Abs1 B-VG gestützten Antrag "gegen den Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 9.3.2004, GZ Ve1-2-414/1-8 vA", "das örtliche Raumordnungskonzept im Bereich des Grundstücks Nr. 64/1 Grundbuch 82111 Reith als Verordnung der Gemeinde Reith bei Kitzbühel und den Genehmigungsbescheid des Antrages der Tiroler Landesregierung vom 9.3.2004, GZ Ve1-2-414/1-8 vA, wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Eigentum zur Gänze als gesetzwidrig aufzuheben". Die Antragsteller bringen vor, dass sie die aus dem örtlichen Raumordnungskonzept der Gemeinde Reith zu befürchtenden Schäden durch Wildbach- und Hochwassereinwirkungen auf ihre Liegenschaft verhindern wollen. Die Bedenken beziehen sich auf die im örtlichen Raumordnungskonzept erfolgte Widmung von Teilen des Grundstücks Nr 64/1 als Tourismusgebiet und die daraus resultierende Schaffung der Voraussetzung zur Bebauung im Hochwasserabflussbereich. Durch das bestehende Hochwassergefährdungspotenzial sei eine unmittelbare, rechtliche und nicht nur eine bloß wirtschaftliche Betroffenheit gegeben.
II. 1. Der Antrag auf Aufhebung des örtlichen Raumordnungs-konzeptes ist unzulässig:
Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl zB VfSlg 16.234/2001, VfGH 4.12.2003, V114/03 ua) entfaltet eine derartige Verordnung gegenüber den Antragstellern grundsätzlich keine unmittelbaren Auswirkungen auf ihre Rechtssphäre:
Gemäß §29 Tiroler Raumordnungsgesetz 2001, LGBl für Tirol 93, hat jede Gemeinde durch Verordnung ein örtliches Raumordnungskonzept, einen Flächenwidmungsplan, allgemeine Bebauungspläne und ergänzende Bebauungspläne zu erlassen. Gemäß §31 TROG 2001 sind im örtlichen Raumordnungskonzept grundsätzliche Festlegungen über die geordnete räumliche Entwicklung der Gemeinde im Sinne der Ziele der örtlichen Raumordnung zu treffen. Jedenfalls sind gemäß Abs1 litb) dieser Bestimmung Festlegungen betreffend die angestrebte Bevölkerungs- und Haushaltsentwicklung in der Gemeinde unter Bedachtnahme auf den vorhandenen Siedlungsraum zu treffen. Der Flächenwidmungsplan ist zwar insbesondere unter Berücksichtigung der Ziele des örtlichen Raumordnungskonzeptes zu erstellen; insoweit entfaltet also das örtliche Raumordnungskonzept Bindungswirkungen (nur) gegenüber der Gemeinde. Die Festlegung des Verwendungszweckes für alle Grundflächen hat jedoch gemäß §35 Abs1 leg cit erst im Flächenwidmungsplan zu erfolgen, weshalb die Antragsteller durch ein örtliches Raumordnungskonzept im Regelfall nicht unmittelbar in ihrer Rechtssphäre betroffen sein können.
Dies zeigt auch §26 Tiroler Bauordnung 2001, LGBl für Tirol 94, aus dem abzuleiten ist, dass eine Baubewilligung nicht schon deswegen versagt werden darf, weil das Bauvorhaben dem örtlichen Raumordnungskonzept widerspricht. Zur Versagung der Baubewilligung kommt es vielmehr erst dann, wenn die bauliche Maßnahme der durch den Flächenwidmungsplan festgelegten Widmung oder den Festlegungen eines Bebauungsplans oder örtlichen Bauvorschriften (§26 Abs3 lita TBO 2001) widerspricht.
Ein etwaiges Vorliegen außergewöhnlicher Gründe, warum das von den Antragstellern bekämpfte örtliche Raumordnungskonzept der Gemeinde Reith im vorliegenden Fall - abweichend von der ständigen Judikatur des Gerichtshofes - unmittelbar - und aktuell - Auswirkungen auf deren Rechtssphäre entfalten sollte, legen die Antragsteller nicht dar, sodass auf diese Frage bereits wegen des fehlenden Antragsvorbringens nicht weiter einzugehen ist.
2. In der ausdrücklich auf Art139 Abs1 B-VG gestützten Eingabe wird auch die Beseitigung des aufsichtsbehördlichen Genehmigungsbescheides des örtlichen Raumordnungskonzeptes beantragt.
Der Verfassungsgerichtshof erkennt gemäß Art139 Abs1 B-VG allein über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist; nicht aber ist der Verfassungsgerichtshof kraft der genannten Verfassungsbestimmung befugt, über Beschwerden gegen Bescheide von Verwaltungsbehörden zu entscheiden.
Erwähnt sei, dass selbst dann, wenn sich die Eingabe zusätzlich auf Art144 B-VG berufen hätte, für die Antragsteller nichts gewonnen wäre. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist lediglich die Gemeinde Adressat des einen Flächenwidmungsplan genehmigenden Bescheides. Gegenüber den vom Flächenwidmungsplan bzw seiner Änderung Betroffenen ist die Genehmigung nur ein Teilakt im Verfahren zur Erlassung der Verordnung, der als solcher nicht angefochten werden kann (vgl zB VfSlg 10.073/1984, 11.331/1987, 13.259/1992, 15.141/1998).
Gleiches gilt für den gemeindeaufsichtsbehördlichen Bescheid, mit welchem der Beschluss des Gemeinderates auf Erlassung eines örtlichen Raumordnungskonzeptes genehmigt wird.
3. Dieser Beschluss konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne vorangegangene mündliche Verhandlung gefasst werden.
Schlagworte
Baurecht, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, VfGH / Individualantrag, VfGH / Zuständigkeit, Auslegung eines Antrages, Gemeinderecht, Aufsichtsrecht, GenehmigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2004:V41.2004Dokumentnummer
JFT_09958984_04V00041_00