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41 Innere AngelegenheitenNorm
B-VG Art83 Abs2Leitsatz
Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter bei Entscheidung über eine Schubhaftbeschwerde ohne Prüfung eines Refoulement-Verbotes; kein Eingehen auf die Frage der Rechtmäßigkeit der Abschiebung trotz der aufgrund des bereits abgeschlossenen Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes nicht mehr bestehenden Möglichkeit eines gesonderten Verfahrens zur Überprüfung der Unzulässigkeit der Abschiebung in ein bestimmtes LandRechtssatz
Gemäß §54 Abs2 FremdenG kann ein Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat iSd §54 Abs1 FremdenG nur während des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes eingebracht werden, worüber der Fremde rechtzeitig in Kenntnis zu setzen ist. Gegen diese Bestimmung hegt der Verfassungsgerichtshof aus Sicht des vorliegenden Beschwerdefalles keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Sie würde aber im Falle des Fehlens entsprechender Übergangsregelungen in allen jenen Fällen, in denen ein Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bereits vor Inkrafttreten des FremdenG (mit 01.01.93) abgeschlossen worden ist, eine rechtzeitige Antragstellung durch die betroffene Person verhindern. Im Hinblick auf Art2, Art3, Art5 und Art13 EMRK muß die Prüfung der Frage möglich sein, ob ein Refoulement-Verbot besteht oder nicht.
Auch nach der neuen Rechtslage gelten für jene Fälle, in denen die Möglichkeit der Antragstellung iSd §54 Abs1 FremdenG (Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in ein bestimmtes Land) nicht bestand, hinsichtlich der Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates zur Prüfung eines Refoulement-Verbotes sinngemäß jene Erwägungen, die der Verfassungsgerichtshof im E v 19.06.93, B1084/92, auf Grundlage des FremdenpolizeiG angestellt hat.
Das bedeutet, daß die Behörde im Administrativverfahren jedenfalls der Frage nachzugehen hat(te), ob einer Abschiebung in das in Aussicht genommene Zielland (oder in ein hilfsweise konkret in Betracht gezogenes sonstiges Land) das Refoulement-Verbot des (§13a FremdenpolizeiG bzw. nunmehr des) §37 FremdenG entgegenstand. Hat die Fremdenpolizeibehörde das Zielland bereits festgelegt, so ist der unabhängige Verwaltungssenat daher gehalten, sich mit dem Einwand eines Beschwerdeführers auseinanderzusetzen, daß eine Abschiebung in dieses Land nicht zulässig ist.
Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid auf die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Sri Lanka unter dem maßgeblichen Aspekt des §37 FremdenG nicht näher ein. Sie entzog sich also - ungeachtet der Formulierung des Spruches des Bescheides - einem Abspruch über die Rechtmäßigkeit der Schubhaft, lehnte folglich gesetzwidrig eine Sachentscheidung ab und verletzte die Beschwerdeführerin dadurch im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nach Art83 Abs2 B-VG.
(ebenso: E v 30.11.93, B857/93 ua; im übrigen teilweise Abweisung der Beschwerde wegen rechtmäßiger Zurückweisung der Schubhaftbeschwerden für jene Zeiträume, über die der UVS schon entschieden hatte. E v 28.02.94, B515/93, B638/93 und B846/93, E v 20.06.94, B2245/93).
Schlagworte
Fremdenpolizei, Zurückschiebung, Fremdenrecht, Refoulement-Verbot, Schubhaft, ÜbergangsbestimmungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1993:B364.1993Dokumentnummer
JFR_10068996_93B00364_01