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27 RechtspflegeNorm
EMRK Art6 Abs1 / TribunalLeitsatz
Keine Bedenken gegen die Regelung der Haftung eines Rechtsanwalts für Honorar und Auslagen eines im Substitutionsweg in Anspruch genommenen ausländischen Anwalts; keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Verhängung einer Disziplinarstrafe wegen unterlassener Bezahlung eines solchen Honorars; keine Verletzung der Verfahrensgarantien des Art6 Abs1 EMRK durch die Zusammensetzung der im Disziplinarverfahren tätigen KollegialorganeRechtssatz
Keine Bedenken gegen §38 RL-BA 1977 (Haftung des Rechtsanwalts für Honorar und Auslagen eines im Substitutionsweg in Anspruch genommenen ausländischen Anwalts).
Der Rechtsanwalt kann durch entsprechendes Verhalten jegliche Haftung ausschließen. Der Verfassungsgerichtshof ist deshalb der Auffassung, daß durch §38 RL-BA 1977 kein eigener Haftungstatbestand geschaffen wird.
Aber auch die (im Hinblick auf Art7 EMRK) behauptete Unklarheit der bekämpften Regelung liegt nicht vor, kann doch aus §38 RL-BA 1977 hinreichend deutlich ihr Sinngehalt ermittelt werden.
Es bestehen jedenfalls weder Bedenken gegen §38 RL-BA 1977, noch dagegen, daß aus Sicht der Beschwerde die Überschrift "Substitutionsverkehr" zu deren ArtVI hinter dem Inhalt des §38 zurückbleibt.
Die dem Bescheid (Verhängung einer Disziplinarstrafe) zugrundeliegenden Rechtsvorschriften widersprechen nicht Art6 Abs1 EMRK, weshalb sich der Verfassungsgerichtshof nicht veranlaßt sieht, in eine Prüfung der §§5 ff bzw 59 DSt 1990 einzutreten.
Zur Tribunalqualität der OBDK siehe Vorjudikatur.
Im übrigen hegt der Verfassungsgerichtshof auch keine Zweifel an der Unabhängigkeit der Mitglieder des Disziplinarrates, gehört es doch zum Wesen der Disziplinargerichtsbarkeit, wenn und soweit sie, wie bei den Rechtsanwälten, im Rahmen der Selbstverwaltung geübt wird, daß sie von Angehörigen derselben Gruppe (mit)getragen ist.
Auch bieten für die verfassungsrechtlich geforderte Unabhängigkeit insbesondere §7 Abs1 (Dauer der Bestellung), §14 Abs1 (Weisungsfreiheit), §25 (Zuständigkeitsübertragung bei Befangenheit) und die weitreichenden Möglichkeiten des §26 (Ausschluß, Befangenheit und Ablehnungsrecht) des DSt 1990, BGBl. 474, entsprechende Garantien. Schließlich sind nach §77 Abs3 DSt 1990 die Bestimmungen der Strafprozeßordnung auch insoweit sinngemäß anzuwenden, als sich aus dem DSt 1990 nichts anderes ergibt und die Anwendung der strafprozessualen Bestimmungen mit den Grundsätzen und Eigenheiten des Disziplinarverfahrens vereinbar ist. Weiters sind auch im Disziplinarverfahren die fundamentalen Grundsätze eines fairen Verfahrens zu beachten (VfSlg. 10163/1984).
Schlagworte
Rechtsanwälte, Berufsrecht Rechtsanwälte, Disziplinarrecht Rechtsanwälte, fair trial, Tribunal, Behördenzusammensetzung, HaftungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1993:B701.1993Dokumentnummer
JFR_10068987_93B00701_01