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81 Wasserrecht, WasserbautenNorm
StGG Art5Leitsatz
Verletzung im Eigentumsrecht durch die Erteilung eines wasserpolizeilichen Auftrags an die Grundeigentümer ohne Prüfung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit und Adäquanz dieses Auftrags im Hinblick auf die im öffentlichen Interesse gelegene Beseitigung des konsenslosen ZustandsRechtssatz
Auch unter Berücksichtigung der im öffentlichen Interesse verfassungsrechtlich zugelassenen und gesetzlich vorgesehenen Schranken des (Liegenschafts-)Eigentums dürfen von Verfassungs wegen dem Eigentümer von hoher Hand keine Lasten auferlegt werden, die ihn mit Rücksicht auf ihre Schwere einerseits und seinem aus dem Eigentum gezogenen Nutzen andererseits unverhältnismäßig treffen und ihm daher wirtschaftlich nicht zumutbar sind (mit Hinweisen auf Judikatur und Literatur).
Eine vermögensmäßige Belastung eines Grundeigentümers durch einen wasserpolizeilichen Auftrag nach §138 WRG 1959 ist verfassungsrechtlich aus Gründen des Gleichheitssatzes und des Eigentumsschutzes schon wegen des diesem immanenten Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur zulässig, wenn er wirtschaftlich dem Eigentümer zugemutet werden kann: Der Auftrag gegenüber dem Grundeigentümer setzt nicht nur ein entsprechendes öffentliches Interesse an der Beseitigung der eigenmächtig vorgenommenen Neuerungen voraus; er ist gemäß §138 Abs4 WRG 1959 zusätzlich zur mangelnden Belangbarkeit des Verursachers des rechtswidrigen Zustandes dem Liegenschaftseigentümer gegenüber nur zumutbar, wenn dieser "die eigenmächtige Neuerung, das Unterlassen der Arbeit oder die Bodenverunreinigung ausdrücklich gestattet hat oder wenn er der Ablagerung zugestimmt oder sie freiwillig geduldet und ihm zumutbare Abwehrmaßnahmen unterlassen hat".
Die belangte Behörde vertrat die Auffassung, einen wasserpolizeilichen Auftrag an die Beschwerdeführer als Grundeigentümer lediglich gestützt auf §138 Abs1 lita WRG 1959 erlassen zu dürfen, ohne die Zumutbarkeit eines derartigen Auftrags gegenüber den Grundstückseigentümern gemäß dem Abs4 des §138 WRG 1959 prüfen zu müssen. Die Behörde hat auch §138 Abs1 lita WRG 1959 verfassungswidrig dahin verstanden, daß sie den Auftrag ohne Prüfung seiner wirtschaftlichen Zumutbarkeit und Adäquanz im Hinblick auf die vom öffentlichen Interesse zweifellos geforderte Beseitigung des konsenslosen Zustands erteilte. Sie hat damit dem Gesetz einen denkunmöglichen, weil verfassungswidrigerweise dem Schutz des Eigentums widersprechenden Inhalt unterstellt.
Schlagworte
Wasserrecht, Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes (Wasserrecht), Auftrag wasserpolizeilicher, Eigentumsbeschränkung, öffentliches Interesse, VerhältnismäßigkeitsprinzipEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1993:B1633.1992Dokumentnummer
JFR_10068986_92B01633_01