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10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art19Leitsatz
Aufhebung der - untrennbaren - Bestimmungen des DSG über die Möglichkeit der Einbringung einer Beschwerde an die Datenschutzkommission infolge Verfassungswidrigkeit der Betrauung eines Verwaltungsorgans mit der nachprüfenden Kontrolle der Rechtmäßigkeit des Verhaltens (auch) eines obersten Organes der VollziehungRechtssatz
§14 DSG, BGBl. 565/1978, wird als verfassungswidrig aufgehoben.
Die Bestimmungen des §14 DSG stehen in einem untrennbaren Zusammenhang. Der letzte Halbsatz des Abs1 dieses Paragraphen sowie Abs2 und Abs3 würden ohne den übrigen Teil des ersten Absatzes deshalb ins Leere gehen, weil sie die dort normierte Zuständigkeit der Datenschutzkommission zur Entscheidung über Beschwerden zur Voraussetzung haben.
In der Ermöglichung einer Beschwerde an die Datenschutzkommission nach §14 DSG liegt nicht die Eröffnung eines Instanzenzuges.
Die Zuständigkeit der Datenschutzkommission zur Entscheidung über Beschwerden nach §14 DSG ist auf den öffentlichen Bereich iS des 2. Abschnittes des DSG beschränkt. Beschwerden an die Datenschutzkommission können sich demnach in zulässiger Weise nur gegen ein Verhalten richten, das einem Organ eines den Bestimmungen des §4 oder §5 DSG unterliegenden Rechtsträgers zuzurechnen ist. Der der Besorgung hoheitlicher Aufgaben dienende Einsatz automationsunterstützter Datenverarbeitung gehört nicht jenem Bereich an, in dem die den Bestimmungen des §4 und §5 DSG unterliegenden Rechtsträger in Formen des Privatrechts tätig werden.
Die Datenschutzkommission ist, soweit ihr die Entscheidung über Beschwerden iS des §14 DSG obliegt, zur Überprüfung jenes Verhaltens einer bestimmten Stelle berufen, gegen das sich eine solche Beschwerde richtet, und zwar daraufhin, ob darin eine Verletzung von Bestimmungen des DSG oder der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Durchführungsbestimmungen gelegen ist, durch die der Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt werden konnte.
In dieser Kontrollfunktion der Datenschutzkommission, insbesondere in der darin gelegenen Möglichkeit der Durchsetzung ihrer Rechtsanschauung, liegt eine Überordnung der Datenschutzkommission gegenüber jenen Stellen, gegen deren Verhalten die Datenschutzkommission mit einer Beschwerde iS des §14 Abs1 DSG angerufen wird.
Soweit diese Überordnung gegenüber einem obersten Organ der Vollziehung (vor allem) iS des Art19 Abs1 B-VG besteht, steht sie mit der verfassungsrechtlich begründeten Stellung des betreffenden obersten Organes der Vollziehung in Widerspruch. Gleich wie es verfassungsrechtlich ausgeschlossen ist, ohne bundesverfassungsgesetzliche Ermächtigung durch einfaches Gesetz einen Instanzenzug gegen Bescheide eines obersten Organes vorzusehen oder sonst eine Verwaltungsbehörde zur Überprüfung von Bescheiden eines solchen obersten Organes zu berufen, muß es auch als verfassungsrechtlich unzulässig angesehen werden, eine Verwaltungsbehörde mit der nachprüfenden Kontrolle der Rechtmäßigkeit des Verhaltens (auch) eines obersten Organes der Vollziehung in der Art zu betrauen, wie dies durch §14 Abs1 DSG geschehen ist.
(Anlaßfälle B965/90, B70/91, B446/92, E v 17.12.93, Aufhebung der angefochtenen Bescheide wegen Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter; siehe auch B v 01.03.94, G15/94, Zurückweisung eines weiteren Gesetzesprüfungsantrags).
Entscheidungstexte
Schlagworte
VfGH / Prüfungsumfang, Datenschutz, Behörde Organe, Instanzenzug, Oberste Organe der Vollziehung, Bundesminister Bundesministerium, DatenschutzkommissionEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1993:G139.1993Dokumentnummer
JFR_10068799_93G00139_01