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41 Innere AngelegenheitenNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Feststellung der Gesetzwidrigkeit eines fremdenpolizeilichen Durchführungserlasses aufgrund nicht erfolgter Kundmachung des als Rechtsverordnung zu qualifizierenden Erlasses im Bundesgesetzblatt; imperativer Inhalt und erforderliches Maß an Publizität gegeben; Außerkrafttreten des Erlasses gleichzeitig mit dem FremdenpolizeiG; keine gesetzliche Grundlage im neuen FremdenGRechtssatz
Der Erlaß des Bundesministers für Inneres vom 01.12.87, Zl. 79.003/42 - II/14/87 ("Fremdenpolizeigesetz-Novelle 1987; Durchführung"), war gesetzwidrig.
Schon der Prüfungsbeschluß nannte eine Reihe von ("Erlaß"-)Formulierungen, die - unmißverständlich - imperativ gehalten sind (und sich nicht etwa in einer bloßen Wiederholung des Gesetzestextes erschöpfen), indem sie das Gesetz bindend auslegen (VfSlg. 5905/1969), und für eine allgemein bestimmte Vielzahl von Personen unmittelbar Geltung beanspruchen.
Zumindest Teile des in Prüfung genommenen, insgesamt untrennbar verknüpften Verwaltungsaktes, der zunächst allein schon zufolge seiner Versendung an Sicherheitsbehörden jenes Maß an Publizität erlangte, das erforderlich war, daß der Erlaß Eingang in die Rechtsordnung fand (vgl. etwa VfSlg. 7281/1974 und VfSlg. 10602/1985), haben also - angesichts ihrer nach dem Gesagten imperativ-generellen Fassung - verpflichtenden Charakter, und zwar sowohl für die formal angesprochenen Sicherheitsbehörden als auch für die betroffenen Fremden selbst.
Es handelt sich deshalb beim in Prüfung genommenen Erlaß um eine Norm, die als "Verordnung" iSd Art139 B-VG Bestandteil der Rechtsordnung wurde.
Die Art und Weise der Kundmachung des als Rechtsverordnung zu qualifizierenden Erlasses widerspricht dem Gebot des §2 Abs1 litf BGBlG.
§3 FremdenpolizeiG, in dessen Ausführung die Verordnung ergangen ist, ist zwischenzeitig außer Kraft getreten. Wenn diese Bestimmung auch in wesentlichen Punkten §18 und §19 FremdenG entspricht (vgl. etwa VfGH 21.06.93, B615/93), besteht doch ein hier entscheidender Unterschied darin, daß §3 FremdenpolizeiG der Behörde bei ihrer Entscheidung Ermessen einräumte, §18 FremdenG jedoch solches nicht tut; vielmehr ist nunmehr eine gebundene Entscheidung vorgesehen. Der in Prüfung gezogene Erlaß ist deshalb zugleich mit dem FremdenpolizeiG außer Kraft getreten. Es war daher auszusprechen, daß der in Prüfung gezogene Erlaß gesetzwidrig war.
(Anlaßfälle: E v 10.12.93, B1854/92, B1895/92 - Aufhebung der angefochtenen Bescheide).
Entscheidungstexte
Schlagworte
Fremdenpolizei, Aufenthaltsverbot, VfGH / Prüfungsgegenstand, Verordnung, RechtsV, VerwaltungsV, Verordnungsbegriff, Verordnung Kundmachung, Fremdenrecht, Ermessen, Geltungsbereich (zeitlicher) einer VerordnungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1993:V59.1993Dokumentnummer
JFR_10068791_93V00059_01