RS Vfgh 1993/12/11 B319/91

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Veröffentlicht am 11.12.1993
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6000 Landwirtschaftskammer

Norm

B-VG Art10 Abs1 Z11
B-VG Art12 Abs1 Z6
StGG Art5
Tir LandwirtschaftskammerG §4 Abs1 lita

Leitsatz

Qualifizierung eines Dienstverhältnisses kompetenzrechtlich nur entweder als land- und forstwirtschaftliches oder nicht als ein solches; Kompetenz des Landesgesetzgebers zur Regelung der Mitgliedschaft in der Landarbeiterkammer nur für überwiegend in einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb (Betriebszweig) beschäftigte Dienstnehmer; Verletzung im Eigentumsrecht durch Feststellung der Landarbeiterkammerzugehörigkeit und der Umlagepflicht eines nicht überwiegend vertragsmäßige Dienstleistungen in einem land- und forstwirtschaftlichen Betriebszweig verrichtenden Dienstnehmers infolge Unterstellung eines verfassungswidrigen, die Grenzen der Kompetenz des Landesgesetzgebers überschreitenden Inhalts

Rechtssatz

Ein und dasselbe Dienstverhältnis kann kompetenzrechtlich (im Lichte des Art12 Abs1 Z6 B-VG) nur entweder als land- und forstwirtschaftliches oder als nicht land- und forstwirtschaftliches zu qualifizieren sein, nicht aber teils als dieses, teils als jenes. Ein land- und forstwirtschaftliches Dienstverhältnis kann so füglich nur vorliegen, wenn es durch die Tätigkeit für einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb (Betriebszweig) geprägt wird, und das ist erst bei Überwiegen dieser Tätigkeit der Fall. Sind aber unter Arbeitern und Angestellten "auf land- und forstwirtschaftlichem Gebiet" im Sinne der Ausnahme von Art10 Abs1 Z11 B-VG die land- und forstwirtschaftlichen Arbeiter und Angestellten gemeint, muß angesichts des engen sachlichen Zusammenhanges gleiches auch für die Abgrenzung der Kompetenz zur Gesetzgebung und Vollziehung auf dem Gebiet der beruflichen Vertretung gelten.

Der Landesgesetzgeber kann daher die Mitgliedschaft in der Landarbeiterkammer nur für Dienstnehmer vorsehen, die (bei längerfristiger Betrachtung) überwiegend in einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb (Betriebszweig) beschäftigt sind, während die überwiegend in einem nicht land- und forstwirtschaftlichen Betrieb beschäftigten Dienstnehmer der Arbeiterkammer angehören und in ihren gesamten Interessen von dieser vertreten werden.

Der angefochtene Bescheid stellt die Mitgliedschaft in der Landarbeiterkammer und die Kammerumlagepflicht des im Bauhof der Marktgemeinde Jenbach tätigen Beschwerdeführers fest, weil dieser 19,5 Stunden mit gärtnerischen Arbeiten beschäftigt ist, obwohl seine Beschäftigung bei der Müllabfuhr 20,5 Stunden und 9 Überstunden beträgt. Damit unterstellt die Behörde dem Tir LandwirtschaftskammerG einen verfassungswidrigen, die Grenzen der Kompetenz des Landesgesetzgebers überschreitenden Inhalt.

Das Tir LandwirtschaftskammerG stellt nicht nur auf die Tätigkeit, sondern auch auf den Vertrag und damit auf das Dienstrecht ab. Wer mehr als die Hälfte seiner vertragsmäßigen Dienstleistungen im Betrieb der Müllabfuhr erbringt und nur den geringeren Teil seiner Arbeitszeit mit gärtnerischen Arbeiten befaßt ist, ist in einem land- und forstwirtschaftlichen Betriebszweig gerade nicht oder eben nur in untergeordnetem, sein Dienstverhältnis nicht prägenden Ausmaß tätig.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Kompetenz Bund - Länder Arbeitsrecht, Kompetenz Bund - Länder Landarbeitsrecht, Kompetenz Bund - Länder Arbeiterkammer, Kompetenz Bund - Länder Landarbeiterkammer, Kompetenz Bund - Länder berufliche Vertretungen, Arbeiterkammern, Landwirtschaftskammern, Landarbeiterkammern, Landarbeiterkammern Mitgliedschaft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1993:B319.1991

Dokumentnummer

JFR_10068789_91B00319_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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