Index
32 SteuerrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Verletzung im Gleichheitsrecht durch Versagung der Verlustveranlagung aufgrund der Hinzurechnung einer deutschen Witwenpension zu anderen in Österreich erzielten Einkünften und der Saldierung dieses Gesamteinkommens mit dem in Österreich entstandenen Verlust; verfassungskonforme Gesetzesauslegung im Wege einer teleologischen Beschränkung der Geltung des §41 Abs2 Z1 EStG 1988; keine Geltung dieser Bestimmung für von einem fremden Staat besteuerte Einkünfte im Falle des Verlusts der VeranlagungsmöglichkeitRechtssatz
Die Vorgangsweise der Behörde bedeutet, daß der Verlust aus selbständiger Tätigkeit insgesamt unberücksichtigt bleibt, obwohl lohnversteuertes Einkommen in Österreich vorliegt und die deutsche Witwenpension unter Progressionsvorbehalt Deutschland zur Besteuerung überlassen wird (Art10 iVm Art15 Abs3 des deutsch-österreichischen Doppelbesteuerungsabkommens, BGBl. 221/1955). Der bloße Umstand, daß die Beschwerdeführerin eine ausländische Pension bezieht, deren Besteuerung dem fremden Staat überlassen ist, führt infolge der Saldierung zum Verlust der Veranlagungsmöglichkeit, sodaß der Verlust keine steuerliche Auswirkung hat. Ohne die in Österreich gar nicht besteuerte Witwenpension müßte der Verlust die in Österreich anfallende Steuerbelastung verringern. So aber wird das gesamte Einkommen der Beschwerdeführerin ohne Berücksichtigung des Verlustes besteuert.
Für dieses Ergebnis läßt sich ein sachlicher Grund nicht finden. Es ist auch nicht die Folge einer durch das Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung etwa nicht erfaßten Belastung durch die Besteuerung von ausländischen Einkünften durch den fremden Staat.
Nach §41 Abs2 Z1 EStG 1988 hat die Veranlagung nur stattzufinden, wenn die Saldierung der anderen Einkünfte überhaupt einen Verlust ergibt. Eine (Verlust-)Veranlagung hat nur Sinn, wenn die zusätzlich in Betracht zu ziehenden Einkünfte überhaupt einen Verlust ergeben. Auf diesen Vorrang der einfachen Saldierung vor der Veranlagung beruht auch die Geringfügigkeitsschwelle des §41 Abs1 EStG 1988. Unter den in beiden Bestimmungen genannten "anderen" Einkünften sind die nach dem Gesetz nicht lohnsteuerpflichtigen Einkünfte zu verstehen.
In verfassungskonformer Auslegung ist §41 Abs2 Z1 EStG 1988 teleologisch dahin zu reduzieren, daß er für Einkünfte, die der Besteuerung durch einen fremden Staat überlassen sind, insoweit nicht gilt, als dies zum Verlust der Veranlagungsmöglichkeit führen würde, sodaß solche Einkünfte erst für die Bemessung der Progression heranzuziehen sind. Die Versagung der Verlustveranlagung verletzt die Beschwerdeführerin daher im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz.
Schlagworte
Auslegung verfassungskonforme, Auslegung teleologische, Einkommensteuer, Veranlagung (Einkommensteuer), Doppelbesteuerung, VerlustabzugEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1993:B101.1993Dokumentnummer
JFR_10068786_93B00101_01