TE Vfgh Erkenntnis 2004/11/29 B625/03

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Veröffentlicht am 29.11.2004
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Index

L3 Finanzrecht
L3715 Anliegerbeitrag, Kanalabgabe

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

Spruch

Die beschwerdeführende Aktiengesellschaft ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Innsbruck ist schuldig, der Beschwerdeführerin zu Handen ihres Rechtsvertreters die mit € 2.142,00 bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit Bescheid vom 14. März 2001 erteilte der Stadtmagistrat Innsbruck der beschwerdeführenden AG die Baubewilligung für die Errichtung eines Büro- und Gewerbegebäudes.

Mit Bescheid vom 27. Mai 2002 schrieb der Stadtmagistrat Innsbruck der Beschwerdeführerin unter Berufung ua auf die "Vorschrift über die Erhebung von Kanalanschlussgebühren" der Stadtgemeinde Innsbruck vom 7. Juli 1960, zuletzt geändert mit Gemeinderatsbeschluss vom 16. Dezember 1974 (im Folgenden: KanalanschlussgebührenV) eine Kanalanschlussgebühr in der Höhe von ATS 958.636,80 bzw € 69.666,85 (inkl 10 % USt) vor. Die dagegen erhobene Berufung wurde letztlich (nach negativer Berufungsvorentscheidung des Stadtmagistrats der Stadt Innsbruck vom 18. Dezember 2002) mit Bescheid der Berufungskommission in Abgabensachen der Stadt Innsbruck vom 27. Februar 2003 als unbegründet abgewiesen und es wurde die erstinstanzliche Entscheidung vollinhaltlich bestätigt.

2. Gegen diesen Bescheid der Berufungskommission in Abgabensachen der Stadt Innsbruck richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz durch die Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm (Rechtswidrigkeit der §§3 und 4 der KanalanschlussgebührenV) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

3. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens sowie jene betreffend die Erlassung der KanalanschlussgebührenV vorgelegt, auf die Erstattung einer Gegenschrift jedoch verzichtet.

II. 1. Aus Anlass dieser Beschwerde beschloss der Verfassungsgerichtshof am 8. Juni 2004, gemäß Art139 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Wortfolge "in der jeweils geltenden Fassung" in §3 Abs1 der Vorschrift über die Erhebung von Kanalanschlussgebühren der Stadtgemeinde Innsbruck vom 7. Juli 1960 idF des Gemeinderatsbeschlusses vom 16. Dezember 1974, angeschlagen an der Amtstafel vom 23. Dezember 1974 bis zum 7. Jänner 1975, sowie des §4 der Vorschrift über die Erhebung von Kanalanschlussgebühren der Stadtgemeinde Innsbruck vom 7. Juli 1960 idF des Gemeinderatsbeschlusses vom 25. Jänner 1972, angeschlagen an der Amtstafel vom 28. Jänner bis zum 11. Februar 1972, einzuleiten. Mit Erkenntnis vom 13. Oktober 2004, V40/04, hob er die Wortfolge "in der jeweils geltenden Fassung" in §3 Abs1 sowie die Wortfolgen "bei Bauten, welche nach dem 26.6.1969 baubehördlich bewilligt wurden, mit dem Eintritt der Rechtskraft des Bewilligungsbescheides; in allem übrigen Fällen", "dem Eintritt" sowie "Rechtskraft des Bewilligungsbescheides zur" in §4 der KanalanschlussgebührenV als gesetzwidrig auf. Die Wortfolge "Die Gebührenpflicht entsteht mit der Herstellung des Kanalanschlusses." in §4 der KanalanschlussgebührenV wurde hingegen nicht als gesetzwidrig aufgehoben.

2. Die belangte Behörde hat bei Erlassung des angefochtenen Bescheides die als gesetzwidrig erkannten Verordnungsstellen angewendet. Es ist nach Lage des Falles nicht von vornherein ausgeschlossen, dass ihre Anwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war.

Der Beschwerdeführer wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt (zB VfSlg 10.303/1984, 10.515/1985, VfGH 15.10.1999, B3048/96, VfGH 12.12.2002, B1224/00).

Der Bescheid war daher aufzuheben.

3. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 327,- sowie der Ersatz der entrichtenden Gebühr gemäß §17a VfGG von € 180,-

enthalten.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall, VfGH / Präjudizialität

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2004:B625.2003

Dokumentnummer

JFT_09958871_03B00625_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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