RS Vfgh 1994/3/3 B960/93

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Veröffentlicht am 03.03.1994
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Index

41 Innere Angelegenheiten
41/02 Staatsbürgerschaft, Paß- und Melderecht

Norm

B-VG Art83 Abs2
EMRK Art5 Abs4
PersFrSchG 1988 Art6 Abs1
FremdenpolizeiG §5a
FremdenG §41
FremdenG §51 Abs1
FremdenG §52
AVG §67c ff

Leitsatz

Verletzung in den Rechten auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und auf persönliche Freiheit durch die Zurückweisung einer Beschwerde gegen einen Schubhaftbescheid durch den UVS wegen Unzulässigkeit aufgrund Beschwerdeerhebung nach Entlassung aus der Schubhaft; kein Wegfall der Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates nach Entlassung des Schubhäftlings; rechtzeitige Beschwerdeerhebung bis sechs Wochen ab Beendigung der Schubhaft

Rechtssatz

Die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates fällt nicht weg, wenn der Schubhäftling aus der Schubhaft entlassen worden ist. Daß auch diesfalls seine Rechtsschutzinteressen und seine Beschwer mit gutem Grunde nicht verneint werden können, gesteht auch die belangte Behörde zu.

Mag auch eine "Orientierung" an Art5 Abs4 EMRK stattgefunden haben, zeigt doch eine Bedachtnahme auf den zweiten Satz des Art6 Abs1 des PersFrSchG eine wesentliche Abweichung. Aus dieser Bestimmung ist nämlich nicht etwa abzuleiten, daß bei inzwischen vorgenommener Freilassung des Schubhäftlings sein Anspruch auf Entscheidung darüber, ob seine Festnahme und Anhaltung rechtmäßig waren oder nicht, entfällt, vielmehr wird damit angeordnet, daß diese Entscheidung diesfalls nicht zwingend innerhalb einer Woche zu ergehen hat. Somit begründet Art6 Abs1 des genannten BVG einen Anspruch des Schubhäftlings auf Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner Anhaltung auch dann, wenn diese schon beendet worden ist.

Hat ein Schubhäftling aber Anspruch auf Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner - gesamten - Anhaltung auch nach Beendigung der Schubhaft, wäre es gesetz- und verfassungswidrig, ihm diesen Anspruch durch eine einschränkende Auslegung des §51 Abs1 FremdenG aus der Hand zu schlagen.

Für Beschwerden gemäß §51 FremdenG gelten laut §52 Abs2 FremdenG §67c bis §67g AVG. Eine Schubhaftbeschwerde kann jedenfalls während der gesamten Dauer der Schubhaft eingebracht werden; vor deren Beendigung kann sich die Frage der Befristung der Einbringung gar nicht stellen. Unter Würdigung aller Umstände ist deshalb davon auszugehen, daß - soweit die Beschwerdebefugnis nicht schon konsumiert wurde - Beschwerden gemäß §51 Abs1 FremdenG auch innerhalb einer Frist von sechs Wochen ab Beendigung der Schubhaft erhoben werden können.

(siehe auch E v 12.03.94, B1038/93 - Geltung der oben angeführten Erwägungen auch für das FremdenpolizeiG, welches die Behörde im vorliegenden Fall anzuwenden gehabt hätte; im übrigen ebenso. vgl auch E v 28.11.94, B837/94; E v 28.11.94, B572/94;

E v 28.11.94, B767/94; E v 27.02.96, B2909/95 und B3243/95:

Aufhebung der angefochtenen Bescheide unter bloßem Verweis auf B960/93 und B2534/94 ua).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Fremdenrecht, Fremdenpolizei, Schubhaft, Behördenzuständigkeit, Unabhängiger Verwaltungssenat, Verwaltungsverfahren, Fristen (Beschwerde)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1994:B960.1993

Dokumentnummer

JFR_10059697_93B00960_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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