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74 Kirchen, ReligionsgemeinschaftenNorm
B-VG Art132Leitsatz
Zurückweisung des Individualantrags der Angehörigen einer Religionsgemeinschaft auf Aufhebung von Bestimmungen des AnerkennungsG betreffend die behauptete fehlende Möglichkeit der Durchsetzung der Anerkennung als Religionsgesellschaft bei Vorliegen der gesetzlichen Erfordernisse; zu weit gefaßtes Aufhebungsbegehren; Rechtskraft einer früheren Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes; Möglichkeit der Einbringung einer Säumnisbeschwerde beim Verfassungsgerichtshof nach Zurückweisung der Säumnisbeschwerde durch den Verwaltungsgerichtshof und eines nachfolgenden Antrags auf Entscheidung eines Kompetenzkonflikts nach Zurückweisung der Säumnisbeschwerde auch durch den VerfassungsgerichtshofRechtssatz
Zurückweisung eines Individualantrages von Angehörigen der "Zeugen Jehovas" auf Aufhebung des §1 und des §2 AnerkennungsG wegen zu weit gefaßtem Aufhebungsantrag.
Der Umfang der zu prüfenden und im Falle ihrer Rechtswidrigkeit aufzuhebenden Bestimmungen ist derart abzugrenzen, daß einerseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als zur Beseitigung der zulässigerweise geltend gemachten Rechtsverletzung erforderlich ist, daß aber andererseits der verbleibende Text keine Veränderung seiner Bedeutung erfährt. Es liegt auf der Hand, daß beide Ziele gleichzeitig niemals vollständig erreicht werden können. Der Verfassungsgerichtshof hat daher in jedem Einzelfall abzuwägen, ob und inwieweit diesem oder jenem Ziel der Vorrang vor dem anderen gebührt (VfSlg. 8156/1977, S 229 f.).
Im vorliegenden Fall behaupten die Antragsteller, das AnerkennungsG sei mit einer - sie belastenden - Verfassungswidrigkeit deshalb behaftet, weil es keine Möglichkeit biete, die Anerkennung als Religionsgesellschaft - bei Vorliegen der vom Gesetz aufgestellten Anforderungen - durchzusetzen.
Diese - angenommene - Verfassungswidrigkeit würde durch die Aufhebung des §1 und des §2 Abs2 AnerkennungsG nicht beseitigt. Die Eliminierung dieser Vorschriften würde vielmehr bewirken, daß überhaupt keine Anerkennung als Religionsgesellschaft mehr möglich wäre und damit die Rechtslage zum Nachteil der Antragsteller verändern, also deren behauptete Belastung nicht beseitigen.
Zurückweisung eines auf Aufhebung von §2 Abs1 AnerkennungsG gerichteten Antrages wegen entschiedener Sache (siehe B v 25.06.92, G282/91).
Bei der zu G282/91 entschiedenen Sache einerseits und der nunmehr zu entscheidenden Angelegenheit andererseits handelt es sich um dieselbe Rechtssache, sind doch sowohl der den Anträgen zugrundeliegende Sachverhalt als auch die angefochtene Rechtsvorschrift ident.
Neue, einer früheren Entscheidung allenfalls widersprechende Judikatur ändert an der Identität der Rechtssache nichts. Sohin liegt res judicata vor, weshalb die Richtigkeit des früheren Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes nicht zu überprüfen ist.
Der Verfassungsgerichtshof ist im gegenwärtigen Verfahrensstadium auch nicht dazu berufen, mit bindender Wirkung über die Zuständigkeit oder Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zur Entscheidung über eine im gegebenen Zusammenhang bei diesem Gerichtshof erhobene Säumnisbeschwerde zu befinden (vgl. zB VfSlg. 1641/1948, S 104).
Jenen Personen, die seinerzeit beim Verwaltungsgerichtshof die Säumnisbeschwerde (iZm der Nichtanerkennung als Religionsgesellschaft durch den zuständigen Bundesminister) eingebracht haben, steht es aber frei, beim Verfassungsgerichtshof eine an sich gleichartige - allerdings auf die behauptete Verletzung von Rechten, wie sie im Art144 B-VG aufgezählt sind, abgestellte - (Säumnis-)Beschwerde zu erheben; wenn sodann der Verfassungsgerichtshof diese Beschwerde mangels Zuständigkeit zurückweisen würde, könnten die Einschreiter in weiterer Folge gemäß Art138 Abs1 litb B-VG iVm §46 Abs1 VfGG einen Antrag auf Entscheidung eines (verneinenden) Kompetenzkonfliktes stellen.
Entscheidungstexte
Schlagworte
VfGH / Prüfungsumfang, Religionsgesellschaften, VfGH / Individualantrag, Verwaltungsgerichtshof, Säumnisbeschwerde, VfGH / Kompetenzkonflikt, Rechtskraft, VfGH / BedenkenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1994:G239.1993Dokumentnummer
JFR_10059690_93G00239_01