TE Vfgh Beschluss 2004/11/29 V56/04

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Veröffentlicht am 29.11.2004
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8040 Altstadterhaltung, Ortsbildschutz

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
OrtsbildpflegeV Klagenfurt vom 11.12.90 idF vom 18.12.01 und 19.07.04
VfGG §57 Abs1

Leitsatz

Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung von Bestimmungen einer Novelle zu einer Ortsbildpflegeverordnung betreffend das Verbot des Aufstellens von mobilen Plakatständern mangels unmittelbarer Betroffenheit der Antragsteller durch die Novellierungsverordnung bzw mangels Darlegung der unmittelbaren Betroffenheit

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Der Antragsteller betreibt ein "Plakatier- und Ankündigungsunternehmen" und wendet sich gegen Teile der "Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Klagenfurt vom 19.07.2004, kundgemacht in der Stadtzeitung mit amtlichen Nachrichten 'Klagenfurt' am 11.08.2004". Diese Verordnung lautet:

"Artikel I

Aufgrund des §5 Abs3 Kärntner Ortsbildpflegegesetz l990, LGBl. Nr. 32/1990, wird die Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Klagenfurt vom 11. Dezember 1990, Zl. ÖO 418/36/90 in der Fassung vom 18. Dezember 2001, Zl. LO 34/1697/01, mit der Bestimmungen zum Schutze des erhaltenswerten Ortsbildes erlassen wurden (Ortsbildschutzverordnung), wie folgt geändert:

1. Im §2 Abs1 entfallen die Worte 'deren Ausmaß 1,80 m Höhe x 1,10 m Breite übersteigt und'

2. §2 Abs2 lautet: '(2) Das Aufstellen von nicht ortsfesten Plakatständern ist außerhalb der Klagenfurter Altstadt (§1 Abs2) für Großveranstaltungen zulässig, wenn der Bürgermeister nach Vorberatung im Stadtsenat über Antrag des Planungsreferenten eine im öffentlichen Interesse gelegene, räumlich und zeitlich befristete Bewilligung erteilt.'

3. Abs3 lautet: '(3) Das Verbot nach Abs1 erstreckt sich nicht auf Werbungen und Dankadressen für Wahlen des Bundespräsidenten, für Wahlen zu den Allgemeinen Vertretungskörpern und satzungsgebenden Organen (Vertretungskörpern) der gesetzlichen beruflichen Vertretungen oder für Volksabstimmungen, die auf nicht ortsfesten Plakatständern jeweils im Zeitraum von sechs Wochen vor bis eine Woche nach dem Wahltag oder dem Tag der Volksabstimmung angebracht werden.'

4. §3 entfällt.

5. §4 erhält die Bezeichnung '§3'.

6. Im §5 lita), litb) und litc) werden folgende Zitate ersetzt: '§14' durch '§15'.

7. §5 erhält die Bezeichnung '§4'.

8. §6 entfällt.

9. §7 erhält die Bezeichnung '§5'.

Artikel II

Diese Verordnung tritt mit Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft."

§2 der Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Klagenfurt vom 11. Dezember 1990, Zl. ÖO 418/36/90 (im Folgenden "OrtsbildpflegeV Klagenfurt") in der Fassung vom 18. Dezember 2001, Zl. LO 34/1697/01, lautete:

"§2

Verbotsbereich

(1) In allen Ortsbereichen der Landeshauptstadt Klagenfurt (§3 des Kärntner Ortsbildpflegegesetzes) ist das Aufstellen von nicht ortsfesten Plakatständern, deren Ausmaß 1,80 m Höhe x 1,10 m Breite übersteigt und die von öffentlich zugänglichen Verkehrsflächen gesehen werden können, verboten.

(2) Im Gebiet der Altstadt (§1 Abs2) ist das Aufstellen von nicht ortsfesten Plakatständern verboten, sofern nicht der Bürgermeister nach Vorberatung im Stadtsenat (§54 Abs4 Klagenfurter Stadtrecht) eine im öffentlichen Interesse gelegene, räumlich[e] begrenzte und zeitlich befristete Ausnahmebewilligung erteilt:

(3) Das Verbot nach Abs1 und 2 erstreckt sich nicht auf Werbungen und Dankadressen für die Wahlen des Bundespräsidenten, für Wahlen zu den Allgemeinen Vertretungskörper den satzungsgebundenen Organen (Vertretungskörpern) der gesetzlichen und beruflichen Vertretungen oder für Volksabstimmungen, die auf nicht ortsfesten Plakatständern jeweils im Zeitraum von sechs Wochen vor bis eine Woche nach dem Wahltag oder dem Tag der Volksabstimmung angebracht werden."

2.1. Der Antragsteller begehrt, der Verfassungsgerichtshof möge

"I. den Punkt 1. (Wortfolge: im §2 Abs1 entfallen die Worte 'deren Ausmaß 1,80 m Höhe x 1,10 m Breite übersteigt und');

II. den Punkt 2. (Wortfolge: §2 Abs2 lautet: '(2) Das Aufstellen von nicht ortsfesten Plakatständern ist außerhalb der Klagenfurter Altstadt (§1 Abs2) für Großveranstaltungen zulässig, wenn der Bürgermeister nach Vorberatung im Stadtsenat über Antrag des Planungsreferenten eine im öffentlichen Interesse gelegene, räumliche und zeitlich befristete Ausnahmebewilligung erteilt.')

III. den Punkt 3. (Wortfolge: Abs3 lautet: '(3) Das Verbot nach Abs1 erstreckt sich nicht auf Werbungen und Dankadressen für die Wahlen des Bundespräsidenten, für Wahlen zu den Allgemeinen Vertretungskörpern und satzungsgebundenen Organen (Vertretungskörpern) der gesetzlichen beruflichen Vertretungen oder für Volksabstimmungen, die auf nicht ortsfesten Plakatständern jeweils im Zeitraum von sechs Wochen vor bis eine Woche nach dem Wahltag oder dem Tag der Volksabstimmung angebracht werden.')

der Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Klagenfurt vom 19.07.2004, kundgemacht in der Stadtzeitung mit amtlichen Nachrichten 'Klagenfurt' am 11.08.2004 und in Kraft getreten am 12.08.2004, als gesetzwidrig aufheben."

2.2. Der Antragsteller führt betreffend seine Antragslegitimation aus, sein Plakatier- und Ankündigungsunternehmen habe bis zum Inkrafttreten der angefochtenen Verordnung unter anderem auch den Geschäftszweig des Aufstellens von mobilen Plakatständern unter einer Größe von 1,80 m Höhe und 1,10 m Breite in Klagenfurt betrieben, im Jahr 2002 mit einem Umsatz von rund 51.000,- €. Aufgrund des Verbots des Aufstellens dieser Plakatständer gehe der Antragsteller dieser wesentlichen Einnahmequelle verlustig. Bei Zuwiderhandeln drohe dem Antragsteller gemäß §15 Kärntner Ortsbildpflegegesetz 1990 iVm §5 der OrtsbildpflegeV Klagenfurt eine Verwaltungsstrafe von bis zu 2.180,- €. Es sei evident, dass die bekämpfte Verordnung unmittelbar und aktuell in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreife und dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr dieses Eingriffes zur Verfügung stehe.

2.3. Der Antragsteller behauptet, die angefochtene Verordnung sei gesetzwidrig, weil entgegen §1 Abs1 Kärntner Ortsbildpflegegesetz 1990 vor ihrer Erlassung die Ortsbildkommission nicht gehört worden sei. Die Verordnung sei ohne ausreichende Ermittlung der Entscheidungsgrundlage erlassen worden. Insbesondere hätte untersucht werden müssen, ob das Verbot des Aufstellens von mobilen Plakatständern in jeder Größe geeignet sei, im gesamten Ortsgebiet der Landeshauptstadt Klagenfurt entweder das erhaltenswerte Ortsbild zu schützen oder ein erhaltenswertes Ortsbild zu schaffen. Gemäß §5 Kärntner Ortsbildpflegegesetz 1990 hätte der Gemeinderat nicht schlechthin für das gesamte Gemeindegebiet von der Verordnungsermächtigung des Abs3 Gebrauch machen dürfen. Schließlich behauptet der Antragsteller, die angefochtene Verordnung widerspreche dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht des Antragstellers auf Freiheit der Erwerbsbetätigung (Art6 StGG). Die bekämpfte Verordnung sei kein taugliches Mittel, das als relevant erklärte öffentliche Interesse, nämlich das erhaltenswerte Ortsbild, zu schützen. Die bekämpfte Verordnung sei keinesfalls verhältnismäßig, da das "de facto geschaffene Erwerbsausübungsverbot" ausschließlich aus stadtgestalterischen und sohin ästhetischen Aspekten verhängt worden sei.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit des Antrags erwogen:

1. Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung - im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt.

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg. 11.726/1988, 13.944/1994 uva.).

2.1. Zum Punkt I. des Antrags:

Der Antragsteller begehrt die Aufhebung einer Bestimmung einer Verordnungsnovelle, die den Entfall einer Wortfolge der früheren Fassung dieser Verordnung (nämlich einer Ausnahme vom Verbot des Aufstellens von nicht ortsfesten Plakatständern in allen Ortsbereichen der Landeshauptstadt Klagenfurt) anordnet. Die ins Treffen geführte aktuelle Beeinträchtigung des Antragstellers - nämlich das nunmehr ausnahmslose Verbot des Aufstellens von nicht ortsfesten Plakatständern in allen Ortsbereichen der Landeshauptstadt Klagenfurt - ergibt sich jedoch nicht (nur) aus der bekämpften Verordnung selbst, sondern aus §2 Abs1 der OrtsbildpflegeV Klagenfurt in der Fassung der bekämpften Verordnung. Daher kann der Antragsteller nur durch die OrtsbildpflegeV in der Fassung der Novelle aktuell betroffen sein, nicht aber durch die Novelle selbst.

Der Antrag ist im Punkt I. daher unzulässig.

2.2. Zu den Punkten II. und III. des Antrags:

Auch diesbezüglich richtet sich der Antrag dem Wortlaut nach gegen die Novellierungsverordnung und nicht gegen die OrtsbildpflegeV Klagenfurt in der novellierten Fassung. Selbst eine Deutung dieses Antrags als Begehren auf Aufhebung des §2 Abs2 bzw. 3 OrtsbildpflegeV Klagenfurt in der Fassung der Novelle würde nicht zu seiner Zulässigkeit führen, da der Antragsteller in keiner Weise darlegt, inwiefern er durch diese Bestimmungen, die zum einen die Erteilung von Bewilligungen für das Aufstellen von nicht ortsfesten Plakatständern außerhalb der Klagenfurter Altstadt und zum anderen eine Einschränkung des Verbots nach Abs1 vorsehen, aktuell und unmittelbar in seiner Rechtssphäre nachteilig betroffen ist.

Daher ist der Antrag auch diesbezüglich unzulässig.

3. Dieser Beschluss konnte ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden (§19 Abs3 Z2 lite VfGG).

Schlagworte

Auslegung eines Antrages, Ortsbildschutz, Novellierung, VfGH / Formerfordernisse, VfGH / Individualantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2004:V56.2004

Dokumentnummer

JFT_09958871_04V00056_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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