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34 MonopoleNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Keine Gleichheitswidrigkeit der durch eine Bestimmung des GlücksspielG infolge Auflösung der Österreichischen Glücksspielmonopolverwaltung vorgenommenen rückwirkenden Zuweisung ihrer Bediensteten an eine andere Dienststelle; kein Verstoß gegen Art6 EMRK mangels Vorliegen von civil rights, gegen den Grundsatz der Gewaltentrennung und das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter mangels Mißbrauchs der Gesetzesform für einen VerwaltungsaktRechtssatz
Zulässigkeit des Individualantrags auf Aufhebung des §57 Abs1 GlücksspielG.
§57 Abs1 GlücksspielG bewirkt für den Antragsteller unmittelbar den Verlust seiner Funktion als Leiter der Österreichischen Glücksspielmonopolverwaltung und seine Zuweisung zur Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland ohne gleichzeitige Zuweisung einer neuen Verwendung. Die Bestimmung entfaltet eine der Versetzung iS des §38 Abs1 BDG 1979, aber auch der ("qualifizierten") Verwendungsänderung iS des §40 Abs3 BDG 1979 gleichkommende Wirkung und greift somit in die Rechtssphäre des Antragstellers ein.
Der Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides darüber, ob die (durch §57 Abs1 GlücksspielG unmittelbar getroffene) "Personalmaßnahme ohne Einhaltung der Vorschriften des §38 Abs5 BDG 1979 unzulässig war", kann nicht als ein zumutbarer Weg angesehen werden, weil der einzige Zweck eines solchen Feststellungsbescheides darin bestünde, damit ein Mittel zu gewinnen, um die gegen die bekämpften gesetzlichen Bestimmungen bestehenden verfassungsrechtlichen Bedenken an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen. In einem solchen Fall aber ist die Zulässigkeit eines (Individual-)Antrages nicht ausgeschlossen.
§57 Abs1 GlücksspielG (bzw dessen rückwirkende Inkraftsetzung durch seine Zitierung in §59 Abs2 GlücksspielG) verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz.
Mit der Auflösung der Österreichischen Glücksspielmonopolverwaltung - gegen die Sachlichkeit dieser Maßnahme wurden keine Bedenken vorgebracht - lag, worauf die Bundesregierung zutreffend hinweist, ein "wichtiges dienstliches Interesse" vor, das iS des §38 Abs2 BDG 1979 die Versetzung der bei dieser Dienststelle verwendeten Bundesbeamten rechtfertigte.
Da die Zuweisung ausnahmslos aller Bediensteter der Österreichischen Glücksspielmonopolverwaltung an eine einzige Dienststelle erfolgte, diente es der Vermeidung eines zusätzlichen Verwaltungsaufwandes, daß dies durch den Gesetzgeber selbst geschah. Die Ausschaltung eines vermeidbaren unwirtschaftlichen Verwaltungsaufwandes aber ist ein anzuerkennendes Motiv des Gesetzgebers.
Wenn der Gesetzgeber die Wirksamkeit der von ihm selbst vorgenommenen, wegen Auflösung einer Dienststelle unvermeidlichen Zuweisung ihrer Bediensteten an eine andere Dienststelle auf einen in der Vergangenheit gelegenen Zeitpunkt verlegte, so kann diese mit drei Monaten verhältnismäßig eng begrenzte, nur der Kompensation eines verspäteten Tätigwerdens des Gesetzgebers dienende Rückwirkung - wie immer sie rechtspolitisch zu beurteilen sein mag - als aus der Sicht des Gleichheitssatzes (noch) unbedenklich angesehen werden.
Das Fehlen einer Bestimmung in §57 Abs1 GlücksspielG, die anordnet, daß den vormals bei der Österreichischen Glücksspielmonopolverwaltung verwendeten Bediensteten eine ihrer bisherigen Verwendung zumindest gleichwertige Verwendung zuzuweisen ist, sofern nicht wichtige dienstliche Interessen entgegenstehen, bewirkt nicht die Gleichheitswidrigkeit dieser Vorschrift.
Im vorliegenden Fall macht die Auflösung einer Dienststelle die Zuweisung der vormals bei ihr verwendeten Bediensteten an eine hinsichtlich des Aufgabenbereiches anders geartete Dienststelle erforderlich. Im übrigen ändert die angegriffene Vorschrift, da sie keine Regelung über die Zuweisung einer neuen Verwendung an die vormals bei der Österreichischen Glücksspielmonopolverwaltung verwendeten Bediensteten enthält, nichts daran, daß auch hiefür die - für Bundesbeamte allgemein geltenden - Vorschriften des BDG 1979 (§40 iVm §38) anzuwenden sind.
Eine Verletzung des Art6 (Abs1) EMRK ist schon mit Rücksicht darauf nicht gegeben, daß es sich jedenfalls bei den hier in Rede stehenden, aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis resultierenden Ansprüchen und Verpflichtungen nicht um "zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen" iS dieser Konventionsnorm handelt.
Auch die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen §57 Abs1 GlücksspielG, daß sich der Gesetzgeber mit diesem Individualgesetz in einer konkreten Dienstrechtsangelegenheit eine der Verwaltung zustehende, von ihr mit Bescheid wahrzunehmende Befugnis arrogiert und dadurch nicht nur gegen den Grundsatz der Gewaltentrennung, sondern auch gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verstoßen habe, sind nicht begründet.
Die Vorschrift bezieht sich auf alle Personen, die in einem bestimmten Zeitpunkt Bedienstete der Österreichischen Glücksspielmonopolverwaltung waren. Mit ihr traf der Gesetzgeber eine Maßnahme, die zufolge der Auflösung dieser Dienststelle unvermeidlich war. Unter den gegebenen Umständen ist die in Rede stehende gesetzliche Regelung nicht als - verfassungswidriger - Mißbrauch der Gesetzesform für einen Verwaltungsakt anzusehen.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, Glücksspielmonopol, Dienstrecht, Versetzung, Geltungsbereich (zeitlicher) eines Gesetzes, Verwendungsänderung (Dienstrecht), Individualgesetz, Gewaltentrennung, Rückwirkung, Feststellungsbescheid, civil rights, VerwaltungsökonomieEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1994:G278.1991Dokumentnummer
JFR_10059684_91G00278_01