RS Vfgh 1994/6/16 B1117/93, B1119/93

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Veröffentlicht am 16.06.1994
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Index

41 Innere Angelegenheiten
41/02 Staatsbürgerschaft, Paß- und Melderecht

Norm

B-VG Art129a Abs1 Z2
EMRK Art3
EMRK Art13
FremdenG §35
FremdenG §37
FremdenG §40
FremdenG §54

Leitsatz

Keine Bedenken gegen die Einschränkung des Verfahrens zur Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat auf Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder der Ausweisung

Rechtssatz

Die in der Zurückschiebung liegende Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt kann, und zwar ohne Rücksicht auf die Frage der Zulässigkeit einer möglichen Festnahme und Anhaltung (Schubhaft), nach Art129a Abs1 Z2 B-VG beim unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung bekämpft werden, daß ein Zurückschiebungshindernis nach §37 Abs1 und Abs2 FremdenG vorliegt.

Der Verfassungsgerichtshof verkennt nicht, daß der Möglichkeit, Fremde an der Grenze am Betreten des Bundesgebietes zu hindern (Zurückweisung) oder sie zur Rückkehr ins Ausland zu verhalten, wenn sie unter Umgehung der Grenzkontrolle eingereist sind und sich erst kurz im Bundesgebiet aufhalten (Zurückschiebung), durch Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt regelmäßig erst im nachhinein begegnet werden kann.

Es läßt sich aber keine Verfassungsbestimmung finden, die einem einreisewilligen Fremden das Recht zum Betreten des Bundesgebietes bis zur Entscheidung über sein Begehren einräumt. Insbesondere kann Art3 EMRK, wonach niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden darf, nicht etwa dahin verstanden werden, daß schon die bloße Behauptung der Gefahr einer solchen Behandlung im Herkunftsstaat den Anspruch auf Einreise und (begrenzten) Aufenthalt in Österreich auslöst. Eine Beschwerde gegen eine Zurückweisung muß vielmehr schon dann als wirksam im Sinne des Art13 EMRK angesehen werden, wenn sie binnen angemessener Frist zu einem Abspruch über die behauptete Verletzung und im Verletzungsfall zur Gestattung der Einreise führt. Dies ist aber durch die Möglichkeit der Anrufung des unabhängigen Verwaltungssenates sichergestellt.

Was für die Zurückweisung ausreicht, muß auch für die Zurückschiebung genügen.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, Fremdenrecht, Fremdenpolizei, Zurückschiebung, Ausweisung, Aufenthaltsverbot, Refoulement-Verbot, Rechtsschutz, Unabhängiger Verwaltungssenat

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1994:B1117.1993

Dokumentnummer

JFR_10059384_93B01117_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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