RS Vfgh 1994/6/18 B1912/93

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Veröffentlicht am 18.06.1994
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Index

41 Innere Angelegenheiten
41/02 Staatsbürgerschaft, Paß- und Melderecht

Norm

B-VG Art83 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsgegenstand
FremdenG §27
FremdenG §54

Leitsatz

Kein Verordnungscharakter eines Durchführungserlasses zum FremdenG betreffend die Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat; Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch die Bestätigung der Zurückweisung eines Antrags auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat; Zulässigkeit der Einbringung eines solchen Antrags auch im Rechtsmittelverfahren

Rechtssatz

Kein Verordnungscharakter des Erlasses des Bundesministers für Inneres vom 18.06.93 zu §54 FremdenG.

Die Ausführungen des Bundesministers für Inneres sind als Antwort auf - offenbar aus Anlaß konkreter Fälle erfolgten - Anfragen anzusehen.

Die Formulierungen sind nicht imperativ im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes gehalten. Vielmehr wird hier lediglich die Rechtsansicht des Bundesministers für Inneres wiedergegeben und den untergeordneten Behörden zur Kenntnis gebracht, ohne daß diese Auslegung für sie - rechtlich - bindend wäre.

Die Rechtslage von Fremden, die einen Antrag nach §54 FremdenG gestellt haben, wird nicht verändert. Der Inhalt des Zusatzes ("Es ergeht die Einladung, alle Bezirksverwaltungsbehörden entsprechend anzuweisen.") erschöpft sich vielmehr in der Einladung an die Sicherheitsdirektionen, Rechtsakte zu erlassen, verpflichtet diese aber nicht, der Sache nach dem Inhalt des Erlasses zu folgen. Der Verfassungsgerichtshof hat in ähnlichem Zusammenhang ausgesprochen, daß ein von einem Verwaltungsorgan an unterstellte Verwaltungsorgane gerichteter Auftrag des Inhalts, eine Verordnung zu erlassen, selbst (noch) keine - vor dem Verfassungsgerichtshof anfechtbare - Verordnung ist (VfSlg. 12581/1990).

Mangels einer anderen gesetzlichen Anordnung ist davon auszugehen, daß die Wendung in §54 Abs2 FremdenG, wonach ein Antrag nach §54 Abs1 FremdenG nur "während des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes eingebracht werden" kann, nicht nur das erstinstanzliche Verfahren, sondern vielmehr das gesamte Verfahren, also auch das Rechtsmittelverfahren miteinschließt.

Wird während des Berufungsverfahrens betreffend eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot ein Antrag gemäß §54 Abs1 FremdenG gestellt, so bleibt die Ausweisung bzw das Aufenthaltsverbot dennoch durchsetzbar; lediglich die Abschiebung in den im Antrag bezeichneten Staat ist ab diesem Zeitpunkt gemäß §54 Abs4 FremdenG ausgeschlossen. Umgekehrt steht ein während des erstinstanzlichen Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes gestellter Antrag gemäß §54 Abs1 FremdenG der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß §27 Abs3 und Abs4 FremdenG nicht entgegen (so auch VwGH 11.11.93, 93/18/0472). Hinzu kommt, daß nicht jeder von der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes betroffene Fremde einen Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung gemäß §54 FremdenG stellt.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Fremdenpolizei, Ausweisung, Verordnungsbegriff, RechtsV, VerwaltungsV, Aufenthaltsverbot, Fremdenrecht, Refoulement-Verbot

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1994:B1912.1993

Dokumentnummer

JFR_10059382_93B01912_2_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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