RS Vfgh 1994/6/23 B2019/93 - B218/94

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 23.06.1994
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Index

41 Innere Angelegenheiten
41/02 Staatsbürgerschaft, Paß- und Melderecht

Norm

B-VG Art83 Abs2
B-VG Art129 ff
EMRK Art5
PersFrSchG 1988 Art1 ff
PersFrSchG 1988 Art6
FremdenG §48
FremdenG §51

Leitsatz

Verletzung im Recht auf persönliche Freiheit und im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch die Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft; kein unverzügliches Inkenntnissetzen des Beschwerdeführers von der weiteren Aufrechterhaltung der Schubhaft; keine umfassende Prüfung der Frage der Rechtmäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft

Rechtssatz

Zum Rechtsmittelverfahren im Fremdenrecht (§48, §51 FremdenG).

Damit ist dem Rechtsschutzsystem der Bundesverfassung, wie es in den Art129 ff B-VG generell institutionalisiert und in Art6 PersFrSchG 1988 für den hier maßgeblichen Bereich speziell ausgeprägt ist, entsprochen.

Die Schubhaft wird auch nicht dadurch rechtmäßig, daß die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes als neuer Titelbescheid wirkt (VfSlg. 13039/1992), weil dadurch nur die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft ab dem Zeitpunkt der Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates, nicht aber die Schubhaft vor diesem Zeitpunkt legitimiert wird.

Die Aufrechterhaltung der Schubhaft ist vor dem unabhängigen Verwaltungssenat bekämpfbar, und zwar auch mit der Behauptung, daß die Fremdenpolizeibehörde ihrer Informationspflicht nicht bzw nicht rechtzeitig nachgekommen ist.

Die Entscheidung des Gesetzgebers, daß der Fremde von der Verlängerung der Schubhaft über zwei Monate hinaus unverzüglich "niederschriftlich in Kenntnis zu setzen" ist, führt entgegen der Ansicht der belangten Behörde nicht dazu, daß dieses Inkenntnissetzen verzichtbar ist. Vielmehr handelt es sich um ein wesentliches Element im Rahmen des hier gegebenen spezifischen Rechtsschutzsystems.

In einem geordneten Fremdenpolizeiwesen ergibt sich zwingend, daß unter "unverzüglich" in §48 Abs5 FremdenG nur ein Inkenntnissetzen des Fremden vor Ablauf der zweimonatigen Schubhaft in Betracht kommt; ob dies unverzüglich erfolgte oder nicht, ist im Einzelfall zu prüfen. Eine Information des Fremden nach Ablauf dieser Frist erweist sich immer als gesetzlos.

Die belangte Behörde verweigerte dem Beschwerdeführer aber auch die ihr aufgetragene (umfassende) Prüfung der Frage der Rechtmäßigkeit seiner Anhaltung in Schubhaft (so schon VfSlg. 10037/1992).

(siehe auch E v 28.11.94, B218/94).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Fremdenrecht, Rechtsschutz, Fremdenpolizei, Schubhaft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1994:B2019.1993

Dokumentnummer

JFR_10059377_93B02019_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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