RS Vfgh 1994/6/24 V107/92

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 24.06.1994
beobachten
merken

Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6500 Jagd, Wild

Norm

B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
WildfütterungsV der BH Neunkirchen vom 30.09.92
Nö JagdG 1974 §87

Leitsatz

Antragslegitimation einer Jagdgesellschaft zur Anfechtung einer WildfütterungsV; Teilrechtsfähigkeit der Jagdgesellschaft als Gesellschaft bürgerlichen Rechts aufgrund besonderer gesetzlicher Bestimmungen; Gesetzwidrigkeit der WildfütterungsV aufgrund der Begründung eines Konzessionsprinzips für bestimmte Futterarten; Erforderlichkeit der ausdrücklichen Benennung mit einem Verbot belegter Futterarten aufgrund des Gesetzes

Rechtssatz

Zulässigkeit des Individualantrags einer Jagdgesellschaft zur Anfechtung einer WildfütterungsV.

Die Antragstellerin hat überzeugend dargetan, daß sie als Pächterin jenes Genossenschaftsjagdgebietes, von dem sich ihr Name herleitet, durch die - unmittelbar wirksamen - Anordnungen über die Wildfütterung in ihrem "Freiraum bei der Wildbewirtschaftung" eingeschränkt werde.

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs ist eine Gesellschaft nach bürgerlichem Recht zur Beschwerdeführung gemäß Art144 B-VG nicht legitimiert, es sei denn, daß die Gesellschaft durch gesetzliche Sonderregelung Trägerin von Rechten und Pflichten ist (VfSlg. 4099/1961). In diesem Sinn hat der Gerichtshof im Hinblick auf die in den Jagdgesetzen bestehenden Sonderregelungen über Jagdgesellschaften diese stets als beschwerdeberechtigt angesehen, so etwa für den Bereich des Nö JagdG 1974 in den Erk. VfSlg. 12924/1991 und B845/92 ua. vom 15.06.93 (siehe §32 Abs3 und Abs4 Nö JagdG 1974).

Untrennbare Einheit der angefochtenen Verordnung.

Die WildfütterungsV der BH Neunkirchen vom 30.09.92, Zl. 9-J/92, mit welcher die Rotwildfütterung während bestimmter Zeiten und die Vorlage bestimmter Futterarten im Gebiet des Rax-Schneeberggebietes in den Rotwildrevieren geregelt wird, wird als gesetzwidrig aufgehoben.

Im Hinblick auf Art18 Abs2 B-VG bedarf es keiner ausdrücklichen Verordnungsermächtigung (s. zB VfSlg. 11653/1988 S. 296), sondern es reicht die materielle Umschreibung der Vollzugstätigkeit aus, wenn sich aus ihr mit zureichender Deutlichkeit ergibt, daß als Adressat der verwaltungsbehördlichen Anordnung eine nach sogenannten Gattungsmerkmalen bestimmte Personengruppe in Betracht kommt. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall gegeben, weil §87 Abs2 Nö JagdG 1974 die Bezirksverwaltungsbehörde zu Anordnungen "für alle oder bestimmte Jagdgebiete", also auch für eine Vielzahl bestimmter Jagdgebiete, ermächtigt, woraus sich zwanglos ein Adressatenkreis der eben erwähnten Art ableitet. Daß derselbe Paragraph in Ansehung eines einzelnen, bestimmten Jagdgebietes auch als Rechtsgrundlage eines an den Jagdausübungsberechtigten dieses Jagdgebietes zu richtenden Bescheides herangezogen werden kann, steht dem nicht entgegen, weil es sich hier von vornherein um einen individuell bestimmten Adressaten der behördlichen Verfügung handelt.

Wenn §87 Nö JagdG 1974 in seinem Abs1 den Jagdausübungsberechtigten unter näher umschriebenen Voraussetzungen verpflichtet, das Schalenwild (während einer Notzeit und des Vegetationsbeginns) "in artgerechter Weise zu füttern", so berechtigt es damit den zur Wildhege Verpflichteten zugleich, sich dabei jeglichen Futtermittels zu bedienen, welches dem eben zitierten Kriterium entspricht. Betrachtet man diese Berechtigung zusammenschauend mit der der Bezirksverwaltungsbehörde im Abs2 dieses Paragraphen erteilten Ermächtigung, bestimmte Futterarten zu verbieten, so folgt daraus für den Jagdausübungsberechtigten der Grundsatz, daß er in der Wahl der einzusetzenden, für eine Fütterung in artgerechter Weise in Betracht kommenden Futtermittel insoweit frei ist, als ihr nicht ein behördliches Verbot entgegensteht. Wird nun §3 der angefochtenen Verordnung mit diesem Prinzip konfrontiert, so zeigt sich, daß die Verordnung den beschriebenen Grundsatz geradezu in sein Gegenteil verkehrt und ein dem Gesetz fremdes Konzessionsprinzip begründet, demzufolge nur einzelne Futterarten zugelassen sind. Die erteilte Verordnungsermächtigung erfordert eine Benennung der mit einem Verbot belegten (an sich zu einer Fütterung in artgerechter Weise in Betracht kommenden) Futterarten.

(ebenso hinsichtlich der WildfütterungsV der BH Lilienfeld vom 23.06.92: E v 24.06.94, V71/92).

Entscheidungstexte

Schlagworte

VfGH / Legitimation, VfGH / Individualantrag, Jagdrecht, Jagdgenossenschaft, Gesellschaftsrecht, Wildfütterung, Verordnungserlassung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1994:V107.1992

Dokumentnummer

JFR_10059376_92V00107_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten