RS Vfgh 1994/6/24 G20/94, G21/94, G22/94, G23/94

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Veröffentlicht am 24.06.1994
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Index

40 Verwaltungsverfahren
40/01 Verwaltungsverfahren außer Finanz- und Dienstrechtsverfahren

Norm

B-VG Art18 Abs1
B-VG Art83 Abs2
B-VG Art140 Abs1 / Allg
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsgegenstand
AVG §63 Abs5
AVG §71 Abs4

Leitsatz

Verstoß der Regelung der Zuständigkeit zur Entscheidung über einen Wiedereinsetzungsantrag gegen das Gebot einer präzisen Regelung der Behördenzuständigkeit; möglicher Verlust einer Instanz bei Übertragung des Wahlrechts bei Einbringung einer Berufung auf den Fall der Wiedereinsetzung

Rechtssatz

Zulässigkeit des Gesetzesprüfungsverfahrens hinsichtlich des §63 Abs5 AVG; kein Gesetzesprüfungsverfahren betreffend §71 Abs4 AVG.

Der Mangel liegt näher bei §63 Abs5 AVG, weil dieser durch Eröffnung einer Alternative für die Prozeßhandlung die Zuständigkeit zur Entscheidung vom Zufall der Einbringung abhängig macht.

Im ersten Satz des §63 Abs5 AVG idF BGBl. Nr. 357/1990 (wiederverlautbart mit Kundmachung BGBl. Nr. 51/1991) wird die Wortfolge ", oder bei der Behörde, die über die Berufung zu entscheiden hat" als verfassungswidrig aufgehoben.

Das Gesetz räumt seinem Wortlaut nach nicht dem Wiedereinsetzungswerber ein Wahlrecht ein, an wen er sein Begehren richten kann, sondern erklärt diejenige Behörde für zuständig, bei der die versäumte Prozeßhandlung "vorzunehmen war".

Mag auch die Annahme eines aus der Wahlmöglichkeit für die Einbringung der Berufung abgeleiteten Wahlrechts für den Wiedereinsetzungsantrag die Beliebigkeit der Zuständigkeit nach Wahl der Behörden vermeiden, tut sie doch ihrerseits dem Gebot der präzisen Regelung der Behördenzuständigkeit noch immer nicht Genüge.

Ob eine Vorschrift die erforderliche Bestimmtheit aufweist, hängt nicht zuletzt von den mit ihrer Auslegung verbundenen Folgen ab. Der mögliche unbeabsichtigte Verlust einer Instanz ist ein gewichtiger, gegen die Übertragung des Wahlrechts bei Einbringung der Berufung auf den Fall der Wiedereinsetzung sprechender Gesichtspunkt. Die Zuständigkeit zur Entscheidung über einen Wiedereinsetzungsantrag ist daher nicht mit hinreichender Deutlichkeit festgelegt. Der diese Mehrdeutigkeit herbeiführende, durch die Novelle BGBl. 357/1990 eingeführte zweite Fall im ersten Satz des §63 Abs5 AVG ist daher wegen Verstoßes gegen Art18 iVm Art83 Abs2 B-VG als verfassungswidrig aufzuheben.

(Aufhebung des angefochtenen Bescheides im Anlaßfall wegen Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter aufgrund Wegfalls der Zuständigkeit der Behörde:

E v 24.06.94, B91/93 ua).

Entscheidungstexte

  • G 20-23/94
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 24.06.1994 G 20-23/94

Schlagworte

VfGH / Prüfungsgegenstand, Behördenzuständigkeit, Wiedereinsetzung, Verwaltungsverfahren Berufung, Berufung (Einbringungsstelle), Zuständigkeit Verwaltungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1994:G20.1994

Dokumentnummer

JFR_10059376_94G00020_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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