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66 SozialversicherungNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Keine Gleichheitswidrigkeit der Regelung der Fälligkeit von Sozialversicherungsbeiträgen und allfälligen Verzugszinsen; keine Unsachlichkeit der Festlegung einer Zahlungsfrist von elf Tagen und der Tragung des Risikos eines längeren Postenlaufes durch den BeitragsschuldnerRechtssatz
Verzugszinsen beruhen auf bereicherungsrechtlichen Gedanken.
Verzugszinsen der in §59 Abs1 ASVG festgelegten Höhe gehen über die Abschöpfung eines allfälligen Nutzens hinaus. Wie das zu VfSlg. 12945/1991 durchgeführte Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Verordnung über die Höhe der Verzugszinsen gezeigt hat, sollen die Verzugszinsen nämlich - abgesehen von der Abgeltung eines durch die Säumnis verursachten Verwaltungsmehraufwandes - auch verhindern, daß der Unternehmer durch Nichtzahlung der Sozialversicherungsbeiträge einen günstigen Kredit ("billiges Geld") erlangt. Insoweit von ihnen ein Druck zur Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge ausgehen soll, sind sie aber von der Kenntnis oder möglichen Kenntnis der Zahlungspflicht abhängig. Auf den, der von seiner Zahlungspflicht keine Kenntnis haben kann, wird kein Druck ausgeübt.
Auch derjenige, der die Sozialversicherungsbeiträge nicht selbst berechnet, sondern deren Berechnung durch Übersendung der Abrechnungsunterlagen dem Sozialversicherungsträger überläßt, hat von seiner Zahlungspflicht Kenntnis und grundsätzlich auch die Möglichkeit, ihre Höhe zu ermitteln. Ein die Elftagefrist des §59 Abs1 ausnahmsweise erheblich verkürzender oder gar überschreitender Postweg oder ein gänzliches Scheitern der Zustellung der Vorschreibung durch die Post - das Vorliegen solcher Fälle ist im Anlaßbeschwerdeverfahren offenbar gar nicht behauptet - muß angesichts der Periodizität der Beiträge und ihrer Vorschreibung alsbald auffallen und den Beitragsschuldner im allgemeinen so rechtzeitig zur Anfrage nach §62 Abs1 ASVG veranlassen, daß eine im Einzelfall dennoch eingetretene Verzögerung aus dem Blickwinkel des zweiten Satzes des §59 Abs2 ASVG nachgesehen werden kann und muß.
Im übrigen kann der Verfassungsgerichtshof keine Unsachlichkeit darin finden, daß der nicht selbst berechnende Beitragsschuldner einerseits bei gewöhnlichem Verlauf der Dinge noch eine Zahlungsfrist von elf Tagen hat, andererseits aber das Risiko eines seine Zahlungsfrist verkürzenden längeren Postenlaufes trägt.
Schlagworte
Sozialversicherung, Beitragspflicht (Sozialversicherung), Verzugszinsen (Sozialversicherung), Zinsen, Fälligkeit von Sozialversicherungsbeiträgen, Fristen (Sozialversicherungsbeiträge)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1994:G249.1993Dokumentnummer
JFR_10059375_93G00249_01