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41 Innere AngelegenheitenNorm
B-VG Art11 Abs2Leitsatz
Kein Verstoß der vom AVG abweichenden Verfahrensregelungen des Asylrechts gegen die Kompetenz zur Bedarfsgesetzgebung in Angelegenheiten des Verwaltungsverfahrens aufgrund der Besonderheiten des Asylverfahrens; kein Widerspruch zum Rechtsstaatsgebot; Aufhebung der angefochtenen Bescheide aufgrund der Anlaßfallwirkung der Aufhebung des Wortes "offenkundig" in §20 AsylG 1991 wegen Rechtsverletzung durch Anwendung einer verfassungswidrigen GesetzesbestimmungRechtssatz
Kein Widerspruch des §20 AsylG 1991 zu Art11 Abs2 B-VG aufgrund der Erforderlichkeit der vom AVG abweichenden Verfahrensregelungen zur Regelung des Gegenstandes; kein Verstoß gegen das Rechtsstaatsgebot.
Das Asylverfahren weist Besonderheiten auf, die Abweichungen von den Bestimmungen des AVG erforderlich machen:
Zum einen ist es im Asylverfahren geboten, Dolmetscher und besonders sachkundige Bedienstete einzusetzen.
Es ist auch gerechtfertigt, das Ermittlungsverfahren bei der Behörde erster Instanz (Bundesasylamt), die über besonders spezialisierte und sachkundige Bedienstete zu verfügen hat, zu konzentrieren.
Vom AVG abweichende Bestimmungen, die sicherstellen, daß der Asylwerber am Verfahren mitwirkt, sachdienliches Vorbringen - nach Belehrung durch die Behörde - zu einem möglichst frühen Zeitpunkt erstattet und nicht durch späteres Vorbringen das Verfahren verzögern kann, stehen im Zusammenhang mit der Begünstigung der vorläufigen Berechtigung zum Aufenthalt und sind zur Sicherstellung der Mitwirkung der Antragsteller am Verfahren unerläßlich.
Anlaßfallwirkung der Aufhebung des Wortes "offenkundig" in §20 Abs2 AsylG 1991 mit E v 01.07.94, G92,93/94; Aufhebung der angefochtenen Bescheide wegen Rechtsverletzung der Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung.
Durch den Ausspruch in E v 01.07.94, G92,93/94, daß die aufgehobene Bestimmung nicht mehr anzuwenden sei, wurde die Anlaßfallwirkung (Art140 Abs7 B-VG) dahin erweitert, daß diese Gesetzesbestimmung auch auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände nicht mehr anzuwenden ist. Das gilt auch für Beschwerdeverfahren, die beim Verfassungsgerichtshof selbst anhängig sind (E v 04.10.94, B1988/93).
Es ist nach Lage des Falles nicht von vornherein ausgeschlossen - aber vom Verfassungsgerichtshof im Rahmen seiner Zuständigkeit (vgl. §19 Abs4 Z3 VfGG) nicht im einzelnen zu prüfen -, daß ihre Anwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführer nachteilig war.
(weitere Anlaßfälle aufgrund gem Art140 Abs7 zweiter Satz B-VG erweiterter Anlaßfallwirkung: B1988/93, E v 04.10.94, B434/93 ua, B2121/93 ua, B2125/93 ua, B2238/93, B2239/93, B79/94 ua, alle E v 05.10.94, B120/94, B340/94, B341/94, B342/94, B901/94, B1795/94, B1796/94, B1843/94, B1844/94, alle E v 12.10.94).
Entscheidungstexte
Schlagworte
Asylrecht, Verwaltungsverfahren, Ermittlungsverfahren, Kompetenz Bund - Länder, Rechtsstaatsprinzip, VfGH / Anlaßverfahren, VfGH / Anlaßfall, Bedarfskompetenz, VfGH / Aufhebung WirkungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1994:B990.1993Dokumentnummer
JFR_10059171_93B00990_01