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40 VerwaltungsverfahrenNorm
B-VG Art83 Abs2Leitsatz
Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch die Zurückweisung einer Berufung mangels Vorliegen eines begründeten Berufungsantrags; Ausreichen der Berufungsausführungen im Hinblick auf die besonderen Verhältnisse dieses FallsRechtssatz
Bei der Auslegung des Merkmals des "begründeten" Berufungsantrags im (aus der Sicht dieser Beschwerdesache verfassungsrechtlich unbedenklichen) §63 Abs3 AVG soll kein strenger Maßstab angelegt werden; es fehlt aber dann, wenn eine Eingabe nicht einmal eine Andeutung darüber enthält, worin die Unrichtigkeit des bekämpften Bescheides gelegen sein soll, an einem begründeten Berufungsantrag. Es genügt, ist aber auch erforderlich, daß die Berufung erkennen läßt, was die Partei anstrebt und womit sie ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt.
Der Verfassungsgerichtshof kann das Vorgehen des belangten UVS nicht billigen, an das Berufungsvorbringen der Beschwerdeführerin ausschließlich einen von ihm aus der Judikatur gewonnenen abstrakten Maßstab anzulegen und es auf diese Weise von dem der Erhebung des Rechtsmittels vorangegangenen Verwaltungsgeschehen zu trennen.
Im Hinblick auf die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides wäre es eine weit über das Ziel schießende Forderung von der Beschwerdeführerin zu verlangen, sich in ihrem Rechtsmittel mit dem Sachverhalt näher zu befassen, denn dies liefe darauf hinaus, Tatumstände im Detail zu beleuchten oder in Abrede zu stellen, von denen in der Begründung des Straferkenntnisses überhaupt nicht die Rede ist. Bei einer derartigen Lage genügt es, wenn die Berufung ergreifende Partei das Überlassen des Fahrzeugs schlechthin leugnet. Der belangten Behörde ist zwar einzuräumen, daß ein Berufungsvorbringen der vorliegenden Art in der Regel nicht hinreichen wird, die eingangs näher umschriebenen Voraussetzungen eines begründeten Berufungsantrags zu erfüllen; im Hinblick auf die im gegebenen Fall jedoch bestehenden besonderen Verhältnisse reichen die zitierten Berufungsausführungen hin, darzutun, womit die Berufungswerberin ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt, und stellen daher (unter Berücksichtigung des förmlichen Begehrens, "das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren einzustellen") einen begründeten Berufungsantrag dar.
Schlagworte
Verwaltungsverfahren, Berufung, Berufungsantrag begründeter, Kraftfahrrecht, Kraftfahrzeuglenker (Pflichten)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1994:B480.1993Dokumentnummer
JFR_10059070_93B00480_2_01