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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Aufhebung von verbalen Bestimmungen eines Flächenwidmungsplanes betreffend die Festlegung der Widmung Wohngebiet bzw Mischgebiet im Bereich von Freiflächen (hier Freifläche-Landwirtschaftsgebiet) und Bauerwartungsflächen infolge Vermischung verschiedener Widmungskategorien und wegen Widerspruchs zum rechtsstaatlichen Prinzip mangels eindeutiger planlicher Darstellung der konkreten WidmungRechtssatz
Die Vorstellungsbehörde hat die Versagung der beantragten Baubewilligung ausdrücklich darauf gestützt, daß die in den Punkten 1. und 3. des Textes zum Flächenwidmungsplan der Gemeinde Tschagguns festgelegten Voraussetzungen hier nicht gegeben seien.
Die in Prüfung gezogenen Vorschriften haben somit eine Voraussetzung der Entscheidung im Anlaßfall gebildet, was ihre Präjudizialität zur Folge hat.
Die Punkte 1. und 3. im Text des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde Tschagguns vom 09.02.79 bzw vom 26.07.79 werden als gesetzwidrig aufgehoben.
Die Widmung Freifläche-Landwirtschaftsgebiet ist nicht mit "unbebaut" gleichzusetzen; das Vorhandensein von Wohnobjekten (und auch deren zeitgemäße Erweiterung) stellt eine notwendige, den Raumordnungszielen dienende Ergänzung dar; dies allerdings unter der im §16 Abs3 Vlbg RaumplanungsG festgelegten Voraussetzung, daß das Gebäude land- und forstwirtschaftlichen Zwecken - und nur diesen - dient.
Die in Prüfung gezogene Regelung bewirkt jedoch den dauernden Bestand - offenbar überwiegend als Zweitwohnsitz in Betracht kommender - Wohnbauten im Freiland, wobei ein weiterer Ausbau zulässig wäre.
Es ist nicht erkennbar geworden (es gibt darüber auch keinerlei Unterlagen), welche Raumordnungsziele den Verordnungsgeber bewogen haben, die Erhaltung von Streulagen von ehemals land- und forstwirtschaftlichen Gebäuden auch für andere als land- und forstwirtschaftliche Zwecke vorzusehen. Die Raumordnungsgesetze gehen (bisher) vom Grundsatz der Trennung der Widmungsarten aus. Wenn davon Abstriche gemacht werden, dann müssen zumindest die dafür maßgebenden Grundlagen und spezifischen Abwägungen des Verordnungsgebers auch im Hinblick auf die örtlichen Raumordnungsziele erkennbar sein. Ein bloßer Hinweis auf die spätere Vollzugspraxis kann dieses Manko nicht ersetzen.
Die in Prüfung gezogene Regelung entspricht auch nicht den rechtsstaatlichen Anforderungen, wonach der Rechtsunterworfene die Rechtslage aus der planlichen Darstellung eindeutig und unmittelbar - also ohne das Heranziehen etwaiger technischer Hilfsmittel wie zB des Grenzkatasters - feststellen können muß.
Im vorliegenden Fall geht aus dem Plan (samt Text) noch weniger hervor als im Fall des (aufhebenden) Erkenntnisses zu V115/92, E v 08.03.94, nämlich nicht einmal, wo sich Wohn- oder Mischgebiete im Sinne der in Prüfung gezogenen Vorschriften befinden, geschweige denn deren konkretes Ausmaß.
(Anlaßfall B545/93, E v 04.10.94, Aufhebung des angefochtenen Bescheides).
Schlagworte
VfGH / Präjudizialität, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Rechtsstaatsprinzip, Widmungskategorien (Raumordnung)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1994:V63.1994Dokumentnummer
JFR_10058999_94V00063_01