RS Vfgh 1994/10/11 G258/93

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Veröffentlicht am 11.10.1994
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Index

20 Privatrecht allgemein
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB)

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsumfang
ABGB §93
ABGB §165

Leitsatz

Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung der Regelung des Namens des unehelichen Kindes wegen zu eng gefaßten Antragsbegehrens; keine Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zu Akten positiver Gesetzgebung im Zuge der Aufhebung von Gesetzesbestimmungen

Rechtssatz

Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung des Wortteils "Geschlechts" im §165 ABGB.

Es ist offenkundig, daß die gesetzliche Bestimmung des Namens eines Kindes nicht nur dieses selbst, sondern auch seine leiblichen Eltern betrifft und deren Rechtssphäre berührt. Ob die Möglichkeit der Einleitung eines Verfahrens zur Namensänderung ein gangbarer Weg ist, die Frage der Verfassungsmäßigkeit des §165 ABGB vor den Verfassungsgerichtshof zu bringen (vgl. dazu G175,176/92 vom 02.12.93 und G227/92 vom 18.12.93), kann hier dahingestellt bleiben.

Es ist dem Verfassungsgerichtshof verwehrt, der Norm durch Aufhebung bloßer Teile einen völlig veränderten, dem Gesetzgeber überhaupt nicht mehr zusinnbaren Inhalt zu geben, weil dies im Ergebnis geradezu ein Akt positiver Gesetzgebung wäre (vgl. VfSlg. 12465/1990, S. 128).

Im vorliegenden Fall käme die bloße Beseitigung des Wortteiles "Geschlechts"- im §165 ABGB - wenngleich der entstehende sprachliche Torso hingenommen werden könnte (vgl. zB VfSlg. 8004/1977, 8410/1978 und 12481/1990) - einem dem Gesetzgeber nicht zusinnbaren Akt der positiven Gesetzgebung gleich. Es würde nämlich unter allen Umständen ohne Bedachtnahme auf die Vielfalt möglicher Gegebenheiten das uneheliche Kind einen Namen erhalten, den der Gesetzgeber grundsätzlich der für den Namenserwerb der Mutter maßgeblichen ehelichen Verbindung vorbehalten hat (vgl. §93 Abs3 ABGB). Im Falle der Verfassungswidrigkeit müßte daher §165 ABGB insgesamt aufgehoben werden. Der nur die Aufhebung eines Teiles ermöglichende Antrag ist daher zu eng.

Entscheidungstexte

  • G 258/93
    Entscheidungstext VfGH Beschluss 11.10.1994 G 258/93

Schlagworte

Namensrecht, VfGH / Prüfungsumfang, VfGH / Individualantrag, Zivilrecht, Kindschaftsrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1994:G258.1993

Dokumentnummer

JFR_10058989_93G00258_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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