RS Vfgh 1994/11/28 B205/94

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 28.11.1994
beobachten
merken

Index

L9 Sozial- und Gesundheitsrecht
L9210 Behindertenhilfe, Pflegegeld, Rehabilitation

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
F-VG 1948 §2
Wr BehindertenG 1986 §43
FamilienlastenausgleichsG 1967 §12a

Leitsatz

Verletzung im Gleichheitsrecht durch die Vorschreibung eines Kostenbeitrags für Therapie und Unterbringung an einen Behinderten; Unterlassung des Ermittlungsverfahrens hinsichtlich der Frage der vollständigen Sicherung des Lebensunterhalts und sonstiger Bedürfnisse des Beschwerdeführers durch diese Maßnahmen bei der Hinzurechnung der Familienbeihilfe zum Einkommen; keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Heranziehung der Familienbeihilfe für Sozialhilfemaßnahmen

Rechtssatz

Verletzung im Gleichheitsrecht durch die Vorschreibung eines Kostenbeitrags gemäß §43 Wr BehindertenG 1986 wegen Unterlassung des Ermittlungsverfahrens in einem wesentlichen Punkt.

Die belangte Behörde hat bei Feststellung des vom Beschwerdeführer bezogenen Gesamteinkommens, das der Bemessung des Kostenbeitrages zugrundegelegt wurde, auch die Familienbeihilfe hinzugerechnet. Dies ist aber nach §43 Abs3 iVm §11 Abs3 Wr BehindertenG 1986 nur dann zulässig, wenn "im Rahmen dieser Maßnahme durch Unterbringung und Verpflegung der Lebensunterhalt des Behinderten sichergestellt" wird.

Dem angefochtenen Bescheid zufolge wurde der Kostenbeitrag für die Unterbringung in einer betreuten Wohnung des "Institut K" vorgeschrieben. Die Behörde hat sich nun im Bescheid nicht damit auseinandergesetzt (sie hat auch in dieser Hinsicht keinerlei Ermittlungsverfahren durchgeführt), ob durch diese Maßnahme dem Beschwerdeführer der Lebensunterhalt (der nicht bloß Unterkunft und Verpflegung, sondern auch andere Bedürfnisse, etwa Kleidung und weitere Anliegen umfassen kann) vollends gesichert wird.

Keine Bedenken gegen §43 Wr BehindertenG 1986.

Der Verfassungsgerichtshof hegt gegen eine die Heranziehung der Familienbeihilfe für Sozialhilfemaßnahmen, durch die der Lebensunterhalt (einschließlich Unterbringung und Verpflegung) vollends gesichert ist, vorsehende Bestimmung keine verfassungsrechtlichen Bedenken; die Intention des Bundesgesetzgebers, der §12a FamilienlastenausgleichsG erlassen hat, schließt eine solche Heranziehung nicht aus; die Familienbeihilfe ist als Betreuungshilfe gedacht, die ausschließlich für jene Person, für die sie bezahlt wird, zu verwenden ist (vgl. OGH 10.07.91 Zl. 1 Ob 565/91). Dieser Verwendungszweck wird durch eine sozialhilferechtliche Kostenbeitragsregelung jedenfalls dann nicht unterlaufen, wenn sie den geschilderten Inhalt hat (s. VfSlg. 13052/1992).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Familienlastenausgleich, Behinderte, Sozialhilfe, Kompetenz Bund - Länder, Finanzverfassung, Berücksichtigungsprinzip

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1994:B205.1994

Dokumentnummer

JFR_10058872_94B00205_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten