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66 SozialversicherungNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Zurückweisung eines Antrages eines Facharztes auf Feststellung des Bestehens eines unbefristeten Einzelvertrages bzw eines "Abrechnungsverhältnisses" mit einem Sozialversicherungsträger wegen sachlicher Unzuständigkeit infolge Vorliegens einer privatrechtlichen Vereinbarung; Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte; kein Entzug des gesetzlichen Richters; keine Bedenken gegen die Zusammensetzung sowie hinsichtlich der Unparteilichkeit der LandesberufungskommissionSpruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Beschwerdeführer, Facharzt für Orthopädie und orthopädische Chirurgie mit Sitz in Niederösterreich, war seit 1. Jänner 1981 Vertragsarzt der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse (im Folgenden: Gebietskrankenkasse). Dieses Vertragsverhältnis wurde seitens der Gebietskrankenkasse zum 30. Juni 2001 gekündigt, wogegen der Beschwerdeführer Einspruch an die Landesschiedskommission erhob.
Vor Entscheidung über diesen Einspruch kamen die Gebietskrankenkasse und der Beschwerdeführer überein, bei Zurückziehung des Einspruches gegen die Kündigung des Einzelvertrages für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2001 ein "Abrechnungsverhältnis" zu begründen.
Diese - am 5. Juli 2001 getroffene - Vereinbarung lautet im Einzelnen:
"1. Zwischen der NÖGKK und Herrn Dr. Erwin P wird folgendes Abrechnungsverhältnis für die Zeit vom 1.7.2001 bis 31.12.2001 vereinbart:
a) Herr Dr. Erwin P bleibt während der Zeit vom 1.7.2001 bis 31.12.2001 berechtigt und verpflichtet, Leistungen, die von dem seit 1.1.1981 zwischen Dr. P und der NÖGKK sowie dem gemäß §2 des Gesamtvertrages vom 21.3.1994 genannten Krankenversicherungsträgern bestandenen Kassenvertrages umfaßt waren, in der gleichen Weise gegenüber Patienten der NÖGKK und der '§2-Kassen' zu erbringen und gegenüber der NÖGKK zu verrechnen, wie er hiezu aufgrund des seit 1.1.1981 bestandenen Kassenvertrages berechtigt und verpflichtet war.
b) Überhaupt werden alle wechselseitigen Rechte und Pflichten der NÖGKK und des Dr. P aus dem seit 1.1.1981 bestandenen Kassenvertrag und allen darauf anzuwendenden Vereinbarungen auch auf die Zeit vom 1.7.2001 bis 31.12.2001 bezogen.
c) Dieses Abrechnungsverhältnis endet mit 31.12.2001, ohne daß es einer Kündigung durch eine der Parteien bedürfte. Die Abrechnung für das 4. Quartal 2001 ist bis 15.1.2002 bei der NÖGKK einzureichen.
2. Als Teil dieser Vereinbarung wird der von Dr. Erwin P erhobene Einspruch gemäß §343 Abs4 ASVG ... an die Landesschiedskommission gegen die Kündigung des seit 1.1.1981 zwischen Herrn Dr. P und der NÖGKK bestehenden Kassenvertrages über seine Tätigkeit als Facharzt für Orthopädie und orthopädische Chirurgie in Stockerau zurückgezogen.
Herr Dr. P verzichtet auch auf die Ausfertigung einer Entscheidung der Landesschiedskommission und auf die Übertragung des Protokolls der Verhandlung vom 27.6.2001.
Der seit 1.1.1981 bestandene Kassenvertrag zwischen Dr. P und der NÖGKK endete somit per 30.6.2001, wie die Parteien einvernehmlich festhalten."
2. Mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2001 stellte der Beschwerdeführer den Antrag, die paritätische Schiedskommission für Niederösterreich möge bescheidmäßig feststellen, dass "das mit Vereinbarung vom 5.7.2001 eingegangene kurative Einzelvertragsverhältnis bzw. 'Abrechnungsverhältnis' zwischen Antragsteller und Antragsgegnerin über den 1.1.2002 hinaus unbefristet aufrecht ist".
Begründend wurde dazu Folgendes ausgeführt:
Dem ASVG sei die Möglichkeit zum Abschluss eines "Abrechnungsverhältnisses" nicht zu entnehmen. Vielmehr herrsche Typenzwang. Das zwischen dem Beschwerdeführer und der Gebietskrankenkasse abgeschlossene Vertragsverhältnis sei, ungeachtet seiner Bezeichnung als "Abrechnungsverhältnis", als kurativer Einzelvertrag iS des §343 Abs1 ASVG bzw. §7 des Gesamtvertrages anzusehen. Aus §343 ASVG sei zudem abzuleiten, dass ein kurativer Einzelvertrag nicht wirksam befristet werden könne.
3. Mit dem - im Devolutionsweg (§§344 Abs3, 345 Abs2 Z2 ASVG) ergangenen - Bescheid der Landesberufungskommission für Niederösterreich vom 26. November 2003 wurde dieser Antrag "wegen sachlicher Unzuständigkeit" dieser Behörde zurückgewiesen.
Begründend wird dazu Folgendes ausgeführt:
"Soweit der Antragsteller vorbringt, dass dem ASVG die Möglichkeit eines Abrechnungsverhältnisses nicht zu entnehmen sei, ist dem grundsätzlich zuzustimmen. Soweit der Antragsteller jedoch aus dem herrschenden Typenzwang abzuleiten versucht, dass ungeachtet der Bezeichnung als 'Abrechnungsverhältnis' ein kurativer Einzelvertrag im Sinne des §343 Abs1 ASVG bzw. §7 des Gesamtvertrages vorliege, ist ihm entgegenzuhalten, dass sich schon aus der Textierung der angeführten Vereinbarung vom 5.7.2001 eindeutig ergibt, dass eine übereinstimmende Willenserklärung beider Parteien vorlag, wonach der seit 1.1.1981 bestehende Kassenvertrag per 30.6.2001 endete. Der Kassenvertrag wurde sohin rechtswirksam zu diesem Termin aufgelöst. Soweit der Antragsteller bei seiner Vernehmung am 26.11.2003 den Eindruck vermitteln wollte, dass er diese eindeutige Auflösungserklärung nicht verstanden habe und er sich ausschließlich auf seinen Rechtsvertreter verlassen habe, dass er nicht gewusst habe, 'dass das befristet ist' so erschien dies der Kommission in keiner Weise nachvollziehbar, ist doch davon auszugehen, dass ein Akademiker einen derartig einfachen Text auch ohne juristische Ausbildung zu verstehen imstande ist. Darüber hinaus hat der Antragsteller bei seiner Vernehmung in der Folge selbst angegeben 'Er hat mir das geraten. Ich nehme an, dass ich da ja gesagt habe. Ich habe gehofft, dass ich dann einen weiteren Vertrag bekommen würde.' Es war ihm daher sehr wohl klar, dass das Vertragsverhältnis mit der genannten Vereinbarung beendet wurde.
Auch nach den allgemeinen Auslegungsregeln war im Rechtsverkehr diese Vereinbarung nicht anders zu verstehen.
Alleine aus der Tatsache, dass zwischen den Streitteilen eine 'Abrechnungsvereinbarung' geschlossen wurde, welche nicht dem Typenzwang entspricht, kann jedoch keinesfalls geschlossen werden, dass durch diese Vereinbarung ein neuer Kassenvertrag geschlossen wurde, da ja beide Parteien davon ausgingen, dass der bestehende Vertrag beendet werden sollte. Einem geltend gemachten neuerlichen Vertragsabschluss steht somit offener Dissens entgegen. Ob und welche Rechtswirkungen die 'Abrechnungsvereinbarung' allenfalls erzeugt hat ist - im Hinblick auf das Feststellungsbegehren - nicht von Relevanz, da auf Grund obiger Ausführungen jedenfalls feststeht, dass mangels übereinstimmender Willenserklärung dadurch kein neuerlicher Vertrag geschlossen wurde.
... Da der zwischen den Streitteilen ursprünglich bestehende
Einzelvertrag ... schon aufgelöst und ein neuer nicht geschlossen
worden war, handelt es sich im vorliegenden Fall nicht um eine Streitigkeit, welche in rechtlichem oder tatsächlichem Zusammenhang mit dem Einzelvertrag steht. Mangels Bestehen eines derartigen Einzelvertragsverhältnisses war jedoch eine Zuständigkeit der Landesberufungskommission nicht gegeben."
Gegen diesen - keinem weiteren Rechtszug unterliegenden (§345 Abs3 iVm §346 Abs7 ASVG) - Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde, worin die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, ohne eine Gegenschrift zu erstatten. Die am Verfahren beteiligte Niederösterreichische Gebietskrankenkasse hat eine schriftliche Äußerung erstattet, worin sie den angefochtenen Bescheid verteidigt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Die Beschwerde erhebt zunächst den Vorwurf, die Behörde habe eine Sachentscheidung zu Unrecht verweigert und so den Beschwerdeführer in seinem durch Art83 Abs2 B-VG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt:
Der Beschwerdeführer habe in seinem Bescheidantrag behauptet, dass die mit der Gebietskrankenkasse geschlossene Vereinbarung ein (unbefristetes) kuratives Einzelvertragsverhältnis iS des ASVG begründet habe. Die Behörde sei daher verpflichtet gewesen, über das Bestehen eines Einzelvertrages abzusprechen.
Wörtlich heißt es sodann:
"Es kann auch nicht angehen, dass eine Behörde, etwa weil das Verfahren ergeben hat, dass kein kurativer Einzelvertrag abgeschlossen worden sei, nach Klärung der Sach- und Rechtslage zur Ansicht gelangt, sie sei nicht zuständig; diese Frage ist vielmehr aufgrund des Vorbringens des Antragstellers zu klären. Nur dieses Vorbringen kann die Behördenzuständigkeit determinieren, nicht aber das Ergebnis eines allenfalls erst durchzuführenden Verfahrens zur materiellen Rechtslage."
1.1. Gemäß §341 Abs1 ASVG werden die Beziehungen zwischen den Trägern der sozialen Krankenversicherung und den freiberuflich tätigen Ärzten durch Gesamtverträge geregelt. Der Inhalt des Gesamtvertrages ist auch Inhalt des - zwischen dem Versicherungsträger und dem Arzt geschlossenen - Einzelvertrages; Vereinbarungen zwischen dem Versicherungsträger und dem Arzt sind unwirksam, soweit sie gegen den am Niederlassungsort des Arztes geltenden Gesamtvertrag verstoßen (§341 Abs3 letzter Satz ASVG). Wie sich aus §343 Abs1 ASVG ergibt, hat der Versicherungsträger bei der Auswahl der Vertragsärzte und beim Abschluss des Einzelvertrages das Einvernehmen mit der zuständigen Ärztekammer herzustellen.
Zur Schlichtung und Entscheidung von Streitigkeiten, die in rechtlichem oder tatsächlichem Zusammenhang mit dem Einzelvertrag stehen, ist die - im Einzelfall errichtete - paritätische Schiedskommission des betreffenden Landes berufen (§344 Abs1 ASVG). Hat die paritätische Schiedskommission den Bescheid nicht binnen sechs Monaten ab Einlangen des Antrages erlassen oder wird dem Antragsteller schriftlich mitgeteilt, dass wegen Stimmengleichheit keine Entscheidung zustande kommt, so geht auf schriftliches Verlangen einer der Parteien die Zuständigkeit zur Entscheidung an die Landesberufungskommission über (§344 Abs3 ASVG).
1.2. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg. 15.802/2000 ausgesprochen hat, ist den im ASVG vorgesehenen Kollegialbehörden nicht die Zuständigkeit eingeräumt, über Rechtsstreitigkeiten aus anderen privatrechtlichen Verträgen zu entscheiden, an denen niedergelassene Ärzte und Krankenversicherungsträger als Vertragspartner beteiligt sind. Für Streitigkeiten aus solchen anderen Vereinbarungen privatrechtlicher Natur sind vielmehr gemäß §1 JN die ordentlichen Gerichte zuständig.
1.2.1. Die zwischen dem Beschwerdeführer und der Gebietskrankenkasse geschlossene Vereinbarung vom 5. Juli 2001 hält ausdrücklich fest, dass der zwischen beiden Teilen bestandene "Kassenvertrag" (kurative Einzelvertrag) mit 30. Juni 2001 geendet hat.
Der Beschwerdeführer hat nun nicht etwa die Feststellung beantragt, dass dieser Einzelvertrag - etwa in Folge einer insoweit angenommenen Unwirksamkeit der Aufhebungsvereinbarung vom 5. Juli 2001 - über den 30. Juni 2001 hinaus aufrecht ist. Sein Antrag bezieht sich vielmehr ausdrücklich nur auf die Dauer, allenfalls auch auf die rechtliche Qualifikation des Vergleichsvertrages vom 5. Juli 2001.
1.2.2. Zunächst ist der Behörde aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegenzutreten, wenn sie auf Grund des im genannten Vergleichsvertrag dokumentierten übereinstimmenden Parteiwillens (einvernehmliche Aufhebung des kurativen Einzelvertrages mit Ablauf des 30. Juni 2001, Abschluss eines befristeten Abrechnungsverhältnisses) gefolgert hat, dass das für die Dauer eines halben Jahres eingegangene "Abrechnungsverhältnis" nicht als Einzelvertrag, sondern als eine privatrechtliche Vereinbarung eigener Art anzusehen sei. Insoweit ist die belangte Behörde auch tatsächlich in die Behandlung der ihr vom Beschwerdeführer zur Entscheidung vorgelegten Sache eingetreten.
1.2.3. Es kann auf sich beruhen, ob die Behörde auf dem Boden dieser Rechtsauffassung den Antrag des Beschwerdeführers im Spruch ihres Bescheides zu Recht zurückgewiesen hat oder ob sie ihn abzuweisen gehabt hätte:
a) Der Bescheidantrag des Beschwerdeführers war in sich unklar und bedurfte der Deutung: Nach der Formulierung dieses Antrages (es werde "festgestellt, daß das ... kurative
Einzelvertragsverhältnis bzw. 'Abrechnungsverhältnis' ... unbefristet
aufrecht ist") wurde lediglich die Feststellung der unbefristeten Geltung eines Vertrages (und nicht etwa zugleich die Feststellung, dass es sich bei diesem Vertrag um einen kurativen Einzelvertrag handelt) angestrebt, wobei der Beschwerdeführer selbst diesen Vertrag in seinem Antrag (undeutlich) als "Einzelvertragsverhältnis bzw. 'Abrechnungsverhältnis'" bezeichnet hatte, insoweit die Deutung des Vertrages im Antrag offen lassend.
Ginge man daher davon aus, der Beschwerdeführer hätte damit die Feststellung des Fortbestehens eines Vertrages beantragt, der bei richtiger rechtlicher Beurteilung kein Einzelvertrag ist, dann hätte die belangte Behörde den Antrag zu Recht mangels Zuständigkeit zurückgewiesen. Wie sich aus §6 Abs1 AVG (§347 Abs4 ASVG) ergibt, hat die Behörde ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit - in jeder Lage des Verfahrens (zur Maßgeblichkeit des Zeitpunktes der Bescheiderlassung vgl. VfGH 25. Juni 2003, B1810/02, VfSlg. 16.907) - von Amts wegen wahrzunehmen. Wenn sich also erst im Lauf des Verfahrens ergibt, dass ein die Zuständigkeit der Behörde begründender Umstand - entgegen den Behauptungen im verfahrenseinleitenden Antrag - nicht vorliegt, so ist der Antrag somit zurückzuweisen.
b) Berücksichtigt man auch die Begründung des Antrages des Beschwerdeführers, worin er - gegründet auf die Behauptung, es herrsche "Typenzwang" - den seiner Meinung nach gesetzlich unzulässigen und deshalb unwirksamen befristeten Abrechnungsvertrag in einen - seiner Meinung nach allein zulässigen und nach seiner Vorstellung offenbar durch Abschluss dieses unwirksamen, anderen Vertrages zustande gekommenen - neuen und unbefristeten kurativen Einzelvertrag umdeutet, so führt dies zu keinem anderen Ergebnis:
Der Feststellungsantrag des Beschwerdeführers könnte im Lichte dieser Begründung zwar auch so gedeutet werden, dass er in Wahrheit nicht nur die Feststellung begehrt, dass der am 5. Juli 2001 geschlossene Vertrag unbefristet in Geltung steht, sondern auch, dass es sich dabei um einen (neuen) kurativen Einzelvertrag handelt. Man könnte auch durchaus verschiedener Meinung darüber sein, ob auf dem Boden der Rechtsauffassung der belangten Behörde ein so verstandener Antrag abzuweisen statt zurückzuweisen gewesen wäre. Diese Annahme würde aber nicht bedeuten, dass der Beschwerdeführer in seinem Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt wäre, weil die belangte Behörde die maßgebliche materiell-rechtliche Rechtsfrage in einer nicht zu beanstandenden Weise (wenn auch nicht im Sinne des Beschwerdeführers) beantwortet hat und sie sich daher diesfalls nur in der Spruchformel vergriffen hätte (vgl. VfSlg. 12.040/1989 mwN).
1.3. Die Frage, ob das im vorliegenden Fall begründete "Abrechnungsverhältnis" nach dem Gesetz zulässig gewesen ist (§879 Abs1 ABGB), war von der belangten Behörde (wegen deren Unzuständigkeit zur Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten aus solchen Vereinbarungen) weder zu entscheiden, noch ist sie vom Verfassungsgerichtshof bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten zu klären.
Durch den angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer daher auch nicht in seinem Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt.
2. Die Beschwerdeführer ist aus den erwähnten Gründen durch den angefochtenen Bescheid auch nicht in seinem Recht auf ein Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen Tribunal (Art6 Abs1 EMRK) verletzt worden.
Der Verfassungsgerichtshof hat bereits wiederholt (zuletzt in seinem Erkenntnis VfSlg. 16.463/2002) ausgesprochen, dass die Landesberufungskommissionen den Anforderungen des Art6 Abs1 EMRK grundsätzlich entsprechen (zur Unbedenklichkeit der Mitwirkung von Interessenvertretern an der Willensbildung dieser Behörden vgl. insbesondere VfSlg. 15.698/1999).
Da die Mitglieder der Landesberufungskommission in Ausübung ihres Amts an keine Weisungen gebunden sind (vgl. §345 Abs3 iVm §346 Abs6 ASVG), kann sich - wie der Gerichtshof in den genannten Entscheidungen ausgeführt hat - ein Verstoß gegen Art6 Abs1 EMRK nur aus den besonderen Umständen des Einzelfalls ergeben, so etwa daraus, dass ein Mitglied am Zustandekommen des Gesamt- oder Einzelvertrags, dessen Gültigkeit oder Interpretation im Verfahren bestritten wird, mitgewirkt hat (vgl. VfSlg. 13.553/1993, 15.981/2000), oder sonst "besondere Umstände" vorliegen, welche die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des betreffenden Mitglieds zur Entscheidung in bestimmten Rechtssachen mit Recht in Zweifel ziehen ließen.
Das Beschwerdevorbringen, jene Versicherungsträger, denen die auf Vorschlag des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger ernannten Beisitzer angehören, könnten ein Interesse daran haben, (ebenfalls) "befristete Abrechnungsverhältnisse oder befristete kurative Einzelvertragsverhältnisse durch Judikatur zu statuieren", ist nicht geeignet, solche "besonderen Umstände" darzutun und geht überdies am vom Beschwerdeführer selbst bestimmten und durch die Zuständigkeit der belangten Behörde eingegrenzten Thema des Verfahrens vorbei. Auch sonst sind im vorliegenden Beschwerdeverfahren keine Umstände hervorgekommen, die Zweifel an der Unparteilichkeit der belangten Behörde entstehen ließen.
3. Die behaupteten Rechtsverletzungen liegen somit nicht vor. Das Beschwerdeverfahren hat auch nicht ergeben, dass der angefochtene Bescheid den Beschwerdeführer in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt hätte.
Der Beschwerdeführer ist somit durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Ob die Behörde das Gesetz in jeder Hinsicht richtig angewendet hat, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu beurteilen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie vorliegend - gegen den Bescheid einer sogenannten Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag richtet, der gemäß Art133 Z4 B-VG nicht mit Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof bekämpft werden kann (zB VfSlg. 3975/1961, 6760/1972, 7121/1973, 7654/1975, 9541/1982 mwN).
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
4. Der beteiligten Gebietskrankenkasse waren für den nicht abverlangten Schriftsatz Kosten nicht zuzusprechen (VfSlg. 13.355/1993, 13.847/1994, 14.976/1997; zuletzt etwa VfSlg. 16.499/2002).
5. Dies konnte ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden (§19 Abs4 erster Satz VfGG).
Schlagworte
Auslegung eines Antrages, Behördenzuständigkeit, Behördenzusammensetzung, Bescheiderlassung (Zeitpunkt maßgeblich für Rechtslage), Gericht Zuständigkeit - Abgrenzung von Verwaltung, Kollegialbehörde, Sozialversicherung, ÄrzteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2004:B1121.2004Dokumentnummer
JFT_09958870_04B01121_00