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L2 DienstrechtNorm
B-VG Art7 Abs2Leitsatz
Verletzung im Recht auf ungeschmälerte Ausübung eines Landtagsmandats durch Außerdienststellung eines Landesbeamten für die Dauer der Mandatsausübung infolge verfassungswidriger Auslegung von Bestimmungen des Krnt DienstrechtsG; grundsätzlich keine Inkompatibilität der Funktion eines Bezirkshauptmannes oder einer anderen Funktion im Bereich der Landesverwaltung mit jener eines Landtagsabgeordneten; kein Aufzeigen besonderer Gründe für eine Außerdienststellung durch die belangte Behörde; Aufhebung des Bescheides über die Stillegung der Bezüge des Beschwerdeführers als Bezirkshauptmann mangels Grundlage nach Aufhebung des Bescheides über die AußerdienststellungRechtssatz
Der angefochtene Bescheid enthält die Fertigungsklausel: "Für die Kärntner Landesregierung: ...(es folgt der Name eines Beamten)". Daraus ergibt sich, daß der Bescheid der Landesregierung zuzurechnen ist. Sie war die zur Entscheidung zuständige Behörde (§330 Krnt DienstrechtsG).
Auch wenn der bekämpfte Bescheid von einem Beamten unterfertigt worden sein sollte, der hiezu nach der für das Amt der Kärntner Landesregierung geltenden Geschäftsordnung (einer bloß innerdienstlichen Vorschrift) nicht berufen war, würde dies den Beschwerdeführer nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzen.
Der Beschwerdeführer wurde durch seine Außerdienststellung als Bezirkshauptmann für die Dauer der Ausübung eines Landtagsmandats in dem ihm durch Art7 Abs2 iVm Art59a und Art95 Abs4 B-VG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ungeschmälerte Ausübung seiner politischen Rechte, insbesondere auf Ausübung eines Landtagsmandates, verletzt.
Art7 Abs2 B-VG schließt in sich auch die verfassungsgesetzliche Gewährleistung für einen Mandatar ein, seine Beamtentätigkeit ohne Nachteile fortzusetzen. Dieses Recht wird zwar durch weitere Vorschriften modifiziert (siehe Art59a Abs3, Art95 Abs4 B-VG bzw §300 Krnt DienstrechtsG). Stets müssen aber "besondere", also einzelfallbezogen zu untersuchende Gründe vorliegen, damit ein Mandatar in seiner Funktion als öffentlich Bediensteter außer Dienst gestellt werden darf.
Die in der Bundesverfassung enthaltene Aufzählung absolut geltender Inkompatibilitätsgründe (zB in Art122 Abs5 B-VG) und die Ermächtigung, auf einfachgesetzlicher Stufe bestimmte weitere derartige Unvereinbarkeitsgründe zu statuieren (Art19 Abs2 B-VG), sind abschließend gemeint. Eine Erweiterung auf einfachgesetzlicher Ebene ist daher ausgeschlossen.
§17 Abs2 Z1 bis Z3 Krnt DienstrechtsG kann verfassungskonform interpretiert werden; nämlich derart, daß unter den dort umschriebenen "besonderen Gründen" nur solche, auf den jeweiligen Einzelfall bezogene Umstände zu verstehen sind, die in diesem konkreten Fall ausnahmsweise das vorübergehende Aufgeben der (bisherigen) Verwaltungsfunktion als unabdingbar erscheinen lassen.
Derartige besondere Umstände hat die Behörde aber - ausgehend von der unrichtigen Auffassung, daß ein Bezirkshauptmann, der zum Landtagsabgeordneten gewählt wird, zwingend in jedem Fall außer Dienst zu stellen sei - nicht aufgezeigt.
Mit dem zu B1912/94 bekämpften Bescheid legte die Kärntner Landesregierung die dem Beschwerdeführer als Landesbeamten (bisher) gebührenden Bezüge still. Dieser Bescheid baut auf dem (zu B1839/94) angefochtenen Bescheid über die Außerdienststellung auf, der soeben aufgehoben wurde.
Damit aber entbehrt der die Bezüge stillegende Bescheid seiner Grundlage. Er verletzt den Beschwerdeführer im selben verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht wie der zu B1839/94 bekämpfte Bescheid.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Bescheid Zurechnung, Bescheid Unterschrift, Unvereinbarkeit, Dienstrecht, Außerdienststellung, Mandatare, Landtag, Bezüge Einstellung, Bezüge Entfall, Behördenzuständigkeit, VfGH / Aufhebung Wirkung, Auslegung verfassungskonforme, Bezirkshauptmann, Unterschrift BescheidEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1994:B1839.1994Dokumentnummer
JFR_10058788_94B01839_01