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44 ZivildienstNorm
B-VG Art83 Abs2Spruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.160,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Gegenstand der vorliegenden, auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde ist ein Bescheid des Bundesministers für Inneres, mit dem der Berufung des nunmehrigen Beschwerdeführers gegen die Zurückweisung eines Antrages auf inhaltliche bescheidmäßige Erledigung einer außerordentlichen Beschwerde keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid der Zivildienstverwaltungs Ges.m.b.H. bestätigt wurde.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Mit Erkenntnis vom 15. Oktober 2004, G36/04 und V20/04, hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass in §54a des Zivildienstgesetzes 1986, BGBl. Nr. 679, in der Fassung des Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz über den Zivildienst geändert wird (ZDG-Novelle 2001), BGBl. I Nr. 133/2000, Absatz 1, Absatz 3 erster Satz und Absatz 4 als verfassungswidrig aufgehoben werden sowie dass die §§2 bis 4 der Verordnung über die Übertragung von Aufgaben der Zivildienstverwaltung (Übertragungs-Verordnung), BGBl. II Nr. 140/2002, als gesetzwidrig aufgehoben werden und dass §1 der Verordnung über die Übertragung von Aufgaben der Zivildienstverwaltung (Übertragungs-Verordnung), BGBl. II Nr. 140/2002, gesetzwidrig war.
Es wurde sohin die Übertragung von - dem Bundesminister für Inneres obliegenden - Aufgaben der Zivildienstverwaltung an das Österreichische Rote Kreuz, Generalsekretariat, das seine Aufgaben unter Inanspruchnahme der Zivildienstverwaltungs Ges.m.b.H. wahrnimmt, für verfassungswidrig erklärt.
2. Gemäß Art140 Abs7 und Art139 Abs6 B-VG wirkt die Aufhebung eines Gesetzes und einer Verordnung auf den Anlassfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlassfalles so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannten Bestimmungen und die als gesetzwidrig erkannte Verordnung bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrunde gelegten Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätten.
Dem in Art140 Abs7 und in Art139 Abs6 B-VG genannten Anlassfall (im engeren Sinn), anlässlich dessen das Gesetzes- und Verordnungsprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind all jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Gesetzes- und Verordnungsprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (VfSlg. 10.616/1985, 11.711/1988).
Die mündliche Verhandlung in dem zu G36/04 und V20/04 geführten Gesetzes- und Verordnungsprüfungsverfahren fand am 8. Oktober 2004 statt. Die vorliegende Beschwerde ist beim Verfassungsgerichtshof am 19. Mai 2004 eingelangt, war also zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung schon anhängig; der ihr zugrunde liegende Fall ist somit einem Anlassfall (des genannten Gesetzes- und Verordnungsprüfungsverfahrens) gleichzuhalten.
3. Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt (zB VfSlg. 15.372/1998, 15.738/2000, 16.066/2001, 16.298/2001 und 16.717/2002). Der administrative Instanzenzug ist als Einheit aufzufassen; wird die sachliche Zuständigkeit auch nur in unterer Instanz gesetzwidrig in Anspruch genommen, so ist das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt, und zwar auch dann, wenn in oberer Instanz die zuständige Behörde eingeschritten ist (zB VfSlg. 5700/1968, 9599/1983, 11.061/1986, 14.008/1995).
4. Der Bescheid erster Instanz wurde im vorliegenden Fall von der Zivildienstverwaltungs Ges.m.b.H. erlassen, die nach der bereinigten Rechtslage für die Erlassung von Bescheiden in Angelegenheiten der Zivildienstverwaltung offenkundig nicht zuständig ist.
Der Beschwerdeführer wurde somit in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt.
Der Bescheid ist daher aufzuheben.
5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 360,-- enthalten.
6. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
VfGH / Anlaßfall, VfGH / KostenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2004:B658.2004Dokumentnummer
JFT_09958870_04B00658_00