RS Vfgh 1994/12/14 B886/93

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Veröffentlicht am 14.12.1994
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
B-VG Art144 Abs1 / Prüfungsmaßstab
StGG Art5
EMRK Art6 Abs1 / Tribunal
EMRK Art6 Abs1 / civil rights
Sbg RaumOG 1977 §20 Abs4
Sbg RaumOG 1992
Sbg RaumOG 1992 §25

Leitsatz

Zurückweisung einer Beschwerde gegen die Abweisung eines Antrags auf Entschädigung infolge Umwidmung eines Grundstücks mangels Legitimation wegen Unterlassung der gesetzlich vorgesehenen Anrufung des Gerichts nach Abweisung von Entschädigungsanträgen durch die Verwaltungsbehörden; Außerkrafttreten des Bescheides mit dem Zeitpunkt der Anrufung des Gerichtes

Rechtssatz

Der angefochtene Bescheid wurde der Beschwerdeführerin am 24.03.93, somit zu einem Zeitpunkt zugestellt, in dem das Sbg RaumOG 1992 bereits in Geltung stand. Er ist ungeachtet seiner Datierung mit 11.02.93 erst mit dem Zeitpunkt seiner Zustellung an die Beschwerdeführerin als erlassen anzusehen.

Da gesetzlich nichts anderes bestimmt, insbesondere nicht angeordnet ist, daß im gegebenen Fall weiterhin das Sbg RaumOG 1977 anzuwenden ist, ist für den angefochtenen - rechtsgestaltenden - Bescheid iS der übereinstimmenden Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes (siehe etwa VfSlg 9499/1982 mwH; siehe ferner zB VfSlg 13111/1992 und die dort zitierte Vorjudikatur; VwSlg 7227 A/1967, VwGH 23.10.86, 85/02/0251) die Rechtslage im Zeitpunkt seiner Erlassung maßgebend. Es ist daher der angefochtene Bescheid an den Bestimmungen des Sbg RaumOG 1992 zu messen.

Bei der durch die Erlassung oder Änderung eines Flächenwidmungsplanes vorgenommenen Umwidmung eines Grundstückes in Grünland oder Verkehrsfläche, durch die - worauf §25 Abs1 Sbg RaumOG 1992 abstellt - die Verbauung eines Grundstückes verhindert wird, handelt es sich (nicht um eine Enteignung, sondern) um eine Eigentumsbeschränkung (vgl dazu etwa VfSlg 11209/1987 mwH; zur Abgrenzung gegenüber der Enteignung siehe etwa VfSlg 9911/1983).

Gemäß Art6 Abs1 EMRK muß über "civil rights", somit auch über den in §25 Abs1 Sbg RaumOG 1992 vorgesehenen Entschädigungsanspruch, von einem "unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht ('Tribunal')" entschieden werden. Ein solches ist die Salzburger Landesregierung nicht.

Die nachprüfende Kontrolle der Entscheidungen einer nicht als "Tribunal" eingerichteten Behörde über Enteignungsentschädigungen durch den Verwaltungsgerichtshof (gegebenenfalls gemeinsam mit deren Kontrolle durch den Verfassungsgerichtshof) genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art6 EMRK nicht (siehe VfSlg 11762/1988, 11760/1988). Diese Rechtsprechung ist auf Entscheidungen über Ansprüche auf Entschädigungen für Eigentumsbeschränkungen - wie sie hier in Rede stehen - zu übertragen.

Zurückweisung einer Beschwerde gegen die Abweisung eines Antrags auf Entschädigung infolge Umwidmung eines Grundstückes gemäß §25 Sbg RaumOG 1992 mangels Legitimation.

Übertragbarkeit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu §20 Abs4 Sbg RaumOG 1977 auf den weitgehend identen §25 Sbg RaumOG 1977.

Gegen den in Beschwerde gezogenen Bescheid stand der Beschwerdeführerin iS des §25 Abs4 Sbg RaumOG 1992 die Anrufung des örtlich zuständigen Bezirksgerichtes offen. Die Anrufung des Gerichtes bewirkt gemäß §25 Abs4 dritter Satz Sbg RaumOG 1992, daß der Bescheid mit dem Zeitpunkt der Anrufung des Gerichtes außer Kraft tritt. Wird die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit der Anrufung eines Gerichtes als ein Mittel, um den Bescheid außer Kraft zu setzen und die Ansprüche anderweitig endgültig durchzusetzen, nicht genutzt, so ist im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (siehe etwa VfSlg 4788/1964, 4972/1965; vgl auch VfSlg 3424/1958, 3425/1958, 4266/1962, 5941/1969, 9630/1983) die Legitimation zur Erhebung einer auf Art144 Abs1 B-VG gestützten Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht gegeben.

(ebenso E v 01.12.94, B478/92: Zurückweisung einer Beschwerde gegen die Abweisung eines Antrags auf Entschädigung gemäß §20 Sbg RaumOG 1977; Möglichkeit der Anrufung eines Gerichts gemäß §20 Abs4 Sbg RaumOG 1977).

Entscheidungstexte

  • B 886/93
    Entscheidungstext VfGH Beschluss 14.12.1994 B 886/93

Schlagworte

Bescheiderlassung (Zeitpunkt maßgeblich für Rechtslage), Raumordnung, VfGH / Prüfungsmaßstab, Flächenwidmungsplan, Entschädigung, Gericht Zuständigkeit - Abgrenzung von Verwaltung, VfGH / Legitimation, Zuständigkeit der Gerichte, Tribunal, civil rights, Eigentumsbeschränkung, Kompetenz sukzessive

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1994:B886.1993

Dokumentnummer

JFR_10058786_93B00886_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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