RS Vfgh 1994/12/15 B940/93, B712/94

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Veröffentlicht am 15.12.1994
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Index

94 Schiffahrt
94/01 Schiffsverkehr

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art144 Abs1 / Instanzenzugserschöpfung
StGG Art5
EMRK Art6 Abs1 / civil rights
Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr, BGBl 160/1993, über die Tragung der Kosten der schiffahrtspolizeilichen Verkehrsregelung bei den Donauschleusen
AVG §57
SchiffahrtsG 1990 §37a

Leitsatz

Zulässigkeit der Beschwerden gegen die Vorschreibung von Kosten für die schiffahrtspolizeiliche Verkehrsregelung bei bestimmten Donauschleusen infolge Erschöpfung des Instanzenzugs; kein Vorliegen von Mandatsbescheiden; Abweisung der Beschwerden; kein Verstoß der angewendeten Regelung des SchiffahrtsG 1990 sowie der darauf gestützten Verordnung gegen den Gleichheitsgrundsatz und das Eigentumsrecht; kein zivilrechtlicher Charakter der für eine öffentlich-rechtliche Handlung auferlegten Kostenersatzpflicht; kein Widerspruch der Regelungen zum Legalitätsprinzip; gesetzliche Regelung hinreichend determiniert

Rechtssatz

Die angefochtenen Bescheide lassen weder in ihrem Spruch noch in ihrer Begründung die Anwendung des §57 AVG durch die Behörde erkennen. Die den Bescheiden beigegebene Rechtsmittelbelehrung, derzufolge ein ordentliches Rechtsmittel gegen die Bescheide nicht zulässig ist, spricht ebenso wie der Hinweis der Behörde auf die Zulässigkeit der Beschwerden an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts gegen deren Absicht, durch Vorstellung anfechtbare Mandatsbescheide zu erlassen.

Der Verfassungsgerichtshof geht sohin davon aus, daß die angefochtenen Bescheide keine Mandatsbescheide darstellen und dagegen kein administrativer Instanzenzug mehr beschritten werden kann.

§37a SchiffahrtsG 1990 idF BGBl 452/1992 sowie die darauf gestützte Verordnung widersprechen nicht dem Gleichheitsgrundsatz.

Die Notwendigkeit eines Schleusenbetriebes und damit auch seiner schiffahrtspolizeilichen Regelung ergibt sich aus der Errichtung der Donaukraftwerke. Es ist daher sachlich gerechtfertigt, daß der Gesetzgeber die beschwerdeführende Gesellschaft als Errichter und Betreiber jener Kraftwerke und somit als Verursacher jener Kosten zum (pauschalierten) Ersatz heranzieht, zumal die Schiffahrtstreibenden selbst schon wegen der Konvention über die Regelung der Schiffahrt auf der Donau, BGBl 40/1960, zu keinen Leistungen für die Benützung der Wasserstraße Donau und der dafür notwendigen Schiffahrtsanlagen vom Staat verhalten werden dürfen. Es ist auch nicht gleichheitswidrig, wenn die gesetzlich allgemein angeordnete Kostenersatzpflicht für die schiffahrtspolizeiliche Verkehrsregelung bei den Schleusen der Staustufen auf der Donau ausschließlich die beschwerdeführende Gesellschaft trifft, weil nur diese gegenwärtig über entsprechende Staustufen und Schleusen verfügt.

Es kann keine Rede davon sein, daß die davon betroffene beschwerdeführende Gesellschaft durch diese Regelung in ihrem Vertrauen auf die vordem bestehende Rechtslage in gleichheitswidriger Weise enttäuscht wurde. Die Regelung begründet weder eine Kostentragungspflicht für vor ihrem Inkrafttreten entstandene Kosten schiffahrtspolizeilicher Tätigkeit noch kann davon die Rede sein, daß die beschwerdeführende Gesellschaft im Vertrauen auf das vordem bestehende Fehlen einer gesetzlichen Kostentragungspflicht wirtschaftliche Dispositionen traf, die sie ansonsten nicht oder anders getätigt hätte.

§37a SchiffahrtsG 1990 idF BGBl 452/1992 sowie die darauf gestützte Verordnung verstoßen auch nicht gegen das Eigentumsrecht.

Zwar bildet die gesetzliche Auferlegung einer Kostenersatzpflicht so wie jede öffentlich-rechtliche Geldleistungsverpflichtung einen Eingriff in das Eigentumsrecht. Gleichwohl liegt darin - mangels zwangsweisem Eigentumsübergang an einer Sache - weder eine Enteignung, noch eine, an besondere verfassungsrechtliche Voraussetzungen gebundene Eigentumsbeschränkung, zumal die Kostentragungspflicht gemäß §37a Abs1 SchiffahrtsG idF BGBl 452/1992 den Inhaber einer öffentlich-rechtlichen Berechtigung trifft, die kraft schiffahrtsanlagenrechtlicher Bewilligung entsteht, und somit nicht von vornherein - jedenfalls nicht zwangsläufig - mit dem Eigentum an den betreffenden Schiffahrtsanlagen verbunden ist.

Nachdem vermögensrechtliche Ansprüche nicht schlechthin als "civil rights" im Sinne des Art6 EMRK betrachtet werden dürfen (vgl. VfSlg. 13130/1992), trägt jedenfalls die vom Gesetzgeber für eine öffentlich-rechtliche Handlung auferlegte Kostenersatzpflicht keinen zivilrechtlichen Charakter, sodaß sich für Entscheidungen darüber die Einrichtung eines Tribunals im Sinne des Art6 EMRK erübrigt.

§37a SchiffahrtsG 1990 idF BGBl 452/1992 sowie die darauf gestützte Verordnung widersprechen auch nicht dem Legalitätsprinzip.

Die Überwälzung der Kosten für die schiffahrtspolizeiliche Verkehrsregelung bei den Schleusen der Staustufen auf der Wasserstraße Donau findet nach deren tatsächlichem Anfall, wenn auch in - durch Verordnung - pauschalierter Form statt. Umfang und Notwendigkeit der schifffahrtspolizeilichen Verkehrsregelung ergeben sich aus dem Schiffahrtsgesetz und den damit in Zusammenhang stehenden - vor allem völkerrechtlichen - Bestimmungen.

Der Verfassungsgerichtshof hält sowohl eine durch den Umfang der schiffahrtspolizeilichen Verkehrsregelung bei den Schleusen determinierte Kostenersatzpflicht im Sinne des Art18 Abs2 B-VG für gesetzlich hinreichend vorherbestimmt als auch die konkrete Art der Kostenberechnung in §2 der Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr, BGBl 160/1993, diesem gesetzlichen Maßstab entsprechend.

Entscheidungstexte

Schlagworte

VfGH / Instanzenzugserschöpfung, civil rights, Eigentumseingriff, Mandatsverfahren, Schiffahrt, Kostentragung (Schiffahrtspolizei), Vertrauensschutz, Determinierungsgebot

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1994:B940.1993

Dokumentnummer

JFR_10058785_93B00940_2_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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