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L9 Sozial- und GesundheitsrechtNorm
B-VG Art116 Abs1Leitsatz
Keine Verletzung einer einem Gemeindeverband angehörenden Gemeinde im Selbstverwaltungsrecht durch Vorschreibung fälliger Vorauszahlungen gemäß dem Tir Bezirkskrankenhäuser-Gemeindeverbände-G; kein Verstoß des Tir Bezirkskrankenhäuser-Gemeindeverbände-G gegen grundsatzgesetzliche Bestimmungen des KAG und die verfassungsrechtlichen Vorschriften über den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde; verfassungskonforme Auslegung der dort festgelegten Verpflichtung der Gemeindeverbände zur Erhaltung und zum Betrieb bestimmter Krankenhäuser vor dem Hintergrund der Verpflichtung des Landes zur Sicherstellung der KrankenanstaltenpflegeRechtssatz
Keine Verletzung einer dem Gemeindeverband Bezirkskrankenhaus Kufstein-Wörgl angehörenden Gemeinde im Selbstverwaltungsrecht durch Vorschreibung fälliger Vorauszahlungen gemäß §12 Abs4 Tir Bezirkskrankenhäuser-Gemeindeverbände-G.
Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf gemeindliche Selbstverwaltung liegt nur dann und nur insoweit vor, als eine staatliche Behörde eine (Aufsichts-)Maßnahme trifft, mit der das Recht der Gemeinde auf Besorgung einer bestimmten Angelegenheit im eigenen Wirkungsbereich schlechthin verneint wird, insbesondere wenn die Aufsichtsbehörde einen gemeindebehördlichen Bescheid aufgrund einer Vorstellung zu Unrecht mit der Begründung aufhebt, die Angelegenheit falle nicht in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde oder über eine von einer Gemeinde im Selbstverwaltungsbereich ergangene Erledigung einen Bescheid erläßt, mit dem nach Art einer Berufungsbehörde in der Verwaltungssache selbst entschieden wird. Derartiges liegt offenkundig nicht vor.
Das Tir Bezirkskrankenhäuser-Gemeindeverbände-G vestößt nicht gegen grundsatzgesetzliche Bestimmungen des KAG.
§18 Abs1 KAG als grundsatzgesetzliche Regelung und §25 Abs1 Tir KAG als - damit übereinstimmende - landesausführungsgesetzliche Bestimmung ordnen entgegen der Auffassung der beschwerdeführenden Gemeinde keineswegs an, daß zur Erfüllung dieser Pflicht des Landes zur Sicherstellung der Krankenhauspflege ausschließlich Landeskrankenanstalten errichtet und betrieben werden dürften:
Nur soweit nämlich durch die bestehenden, ua. auch von Gemeinden betriebenen Krankenanstalten keine entsprechende Vorsorge getroffen wird, greift die Verpflichtung des Landes zur Sicherstellung der Krankenanstaltspflege durch geeignete Maßnahmen ein. Das Krankenanstaltenrecht geht davon aus, daß öffentliche Krankenanstaltspflege auch von anderen Krankenanstaltsträgern als dem Land, insbesondere auch von Gemeinden, - freiwillig - übernommen wird (vgl. VfSlg. 12065/1989).
Das Tir Bezirkskrankenhäuser-Gemeindeverbände-G vestößt nicht gegen die verfassungsrechtlichen Vorschriften über den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde (Art116 Abs1 sowie gegen Art118 Abs2 zweiter Satz B-VG).
Art116a Abs2 B-VG ermächtigt den Gesetzgeber, "im Interesse der Zweckmäßigkeit" Gemeindeverbände für bestimmte Verwaltungsaufgaben der Gemeinden als Zwangsverbände vorzusehen und einzurichten. Es ist sohin verfassungsrechtlich nichts dagegen einzuwenden, wenn zur Führung von Gemeindespitälern aus Zweckmäßigkeitsgründen die jeweils in Betracht kommenden Gemeinden vom Gesetzgeber verpflichtend zu einem Gemeindeverband zusammengeschlossen werden, wie dies durch das Tir Bezirkskrankenhäuser-Gemeindeverbände-G geschehen ist.
Das Tir Bezirkskrankenhäuser-Gemeindeverbände-G vestößt nicht gegen die verfassungsrechtlichen Vorschriften über den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde (Art116 Abs1 sowie gegen Art118 Abs2 zweiter Satz B-VG).
§1 Tir Bezirkskrankenhäuser-Gemeindeverbände-G ist verfassungskonform mit Rücksicht auf die grundsatzgesetzliche Norm des §18 Abs1 KAG dahin auszulegen, daß die Verpflichtung des Landes zur Sicherstellung der Krankenanstaltenpflege weder aufgehoben noch eingeschränkt wird.
Eine Betriebspflicht für Krankenanstalten trifft sohin auch die durch das Tir Bezirkskrankenhäuser-Gemeindeverbände-G begründeten Gemeindeverbände lediglich nach Maßgabe des §28 Tir KAG. Demnach sind einerseits die Träger der öffentlichen Krankenanstalten - sohin auch die Gemeindeverbände - verpflichtet, den Betrieb einer Krankenanstalt ohne Unterbrechung aufrechtzuerhalten; sowohl der Verzicht auf das Öffentlichkeitsrecht als auch die freiwillige Betriebsunterbrechung und die Auflassung von Krankenanstalten bedürfen der Genehmigung der Landesregierung. Diese ist aber andererseits zu gewähren, wenn durch den Verzicht des Anstaltsträgers eine Krankenhausbehandlung nicht gefährdet ist.
Die dargestellte Betriebspflicht der Krankenanstaltsträger bedeutet (verfassungskonform vor dem Hintergrund der Verpflichtung des Landes zur Sicherstellung der Anstaltspflege für anstaltsbedürftige Personen nach §25 Tir KAG verstanden) zwar eine gewisse Beschränkung der Entschlußfreiheit zur jederzeitigen Auflassung des Krankenhausbetriebes. Diese im öffentlichen, gesundheitspolitischen Interesse gelegene Beschränkung besteht aber nur so lange, bis das Land den entfallenden Krankenhausbetrieb durch eigene Anstalten oder durch Vereinbarungen mit Rechtsträgern anderer Krankenanstalten substituiert hat. §28 Tir KAG ist verfassungskonform im Sinne der Darlegungen im Erkenntnis VfSlg. 12065/1989 auszulegen, so zwar, daß nach Maßgabe des §28 Tir KAG auch dem Gemeindeverband die beschriebene Entschlußfreiheit hinsichtlich der Führung und des Betriebs des Bezirkskrankenhauses Kufstein-Wörgl zukommt.
Schlagworte
Gemeinderecht, Selbstverwaltungsrecht, Krankenanstalten, Gemeindeverband, Grundsatz- und Ausführungsgesetzgebung, Wirkungsbereich eigener, Auslegung verfassungskonformeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1994:B1554.1993Dokumentnummer
JFR_10058785_93B01554_2_01