TE Vfgh Erkenntnis 2004/11/30 B1499/02 ua

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Veröffentlicht am 30.11.2004
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Index

97 Vergabewesen
97/01 Vergabewesen

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
BundesvergabeG 1997

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Abweisung von Anträgen auf Nichtigerklärung von Auftraggeberentscheidungen in Zusammenhang mit der Sanierung der "Fischer-Deponie"

Spruch

Die Beschwerdeführer sind durch die angefochtenen Bescheide weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Die Beschwerdeführer sind schuldig, dem Bund zu Handen seiner Rechtsvertreter die mit € 1.962,-- bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Beschwerdeführer haben sich am Vergabeverfahren des Bundes "Örtliche Bauaufsicht und örtliche Aufsicht Chemie bei der Sanierung der Altlast Dkfm. Fischer Deponie" als Bietergemeinschaft für das Teillos "Örtliche Aufsicht Chemie" durch Legung eines Angebots beteiligt. Mit Antrag vom 25. Juni 2002 beantragten die Beschwerdeführer beim Bundesvergabeamt (BVA) die Nichtigerklärung der ihnen bekannt gegebenen Zuschlagsentscheidung an einen Mitbieter sowie die Nichtigerklärung weiterer Entscheidungen des Auftraggebers gemäß den Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 1997 (BVergG). Bereits zuvor (am 20. August 2002) hatten die Beschwerdeführer die Erlassung einer einstweiligen Verfügung begehrt.

Mit Bescheid vom 26. August 2002, Z N-31/02-28, wurden die Nachprüfungsanträge als unbegründet abgewiesen bzw. der weiters gestellte Antrag "auf Überprüfung, ob der Auftraggeber auch im Falle des Angebotes der beteiligten Parteien den vom Auftraggeber in der mündlichen Verhandlung dargelegten Maßstab angewandt habe" als unzulässig zurückgewiesen. Mit Bescheid vom 28. August 2002, Z N-31/02-33, wies das BVA auch den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung als unzulässig zurück.

2. Gegen diese Bescheide wendet sich eine auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung der Beschwerdeführer in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit vor dem Gesetz sowie auf ein faires Verfahren gemäß Art6 EMRK gerügt und die kostenpflichtige Aufhebung der bekämpften Bescheide begehrt wird.

Das BVA hat die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift aber abgesehen.

Der dem Verfahren als mitbeteiligte Partei beigezogene auftraggebende Bund hat eine Äußerung erstattet, in der er den Beschwerdebehauptungen entgegentritt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Das BVA hat mit dem erstangefochtenen Bescheid vom 26. August 2002, Z N-31/02-28, mehrere Anträge auf Nichtigerklärung von Auftraggeberentscheidungen abgewiesen bzw. einen weiters gestellten Antrag als unzulässig zurückgewiesen. Die gestellten Anträge betrafen die Rechtmäßigkeit der Bestbieterevaluierung sowie die vom Auftraggeber dabei vorgenommene Bewertung der Qualifikation des Projektleiters und seines Stellvertreters bzw. abverlangte Referenzen. Das BVA hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

"1.) Projektleiter und Projektleiterstellvertreter der in Aussicht genommenen Bestbieter erfüllen die Eignungskriterien. Gleichwertige Studienrichtungen für Chemie oder technische Chemie gibt es per se nicht. Das Wort 'gleichwertige' (ergänze: Studienrichtungen)- ist daher in Bezug auf die erforderliche konkrete Tätigkeit zu beziehen. Diese ist aber durch die universitäre positive Ausbildung des Projektleiters und seines Stellvertreters wie die Prüfungszeugnisse und die Stellungnahmen des Institutes belegen gewährleistet.

        2.) Referenzen des in Aussicht genommenen Projektleiters und

seines Stellvertreters der Antragstellerinnen: Berechtigt sind die

Ausführungen nur in Punkt Deponie Frohnleiten. Angegeben wurde der

selektive Anfall von 550.000 m3 Abfällen, davon 30% Hausmüll und

hausmüllähnliche Gewerbeabfälle. Damit steht aber fest, dass der

Hausmüll nicht diffus im gesamten Abfallkörper verteilt war (siehe

Schreiben vom 7.5.2002, Punkt 2 Absatz 4). Nach 4.2.5

(Zuschlagskriterien) ist diese 3. Reverenz mit 1/3 = 200 Punkte zu

bewerten. 60% Gewichtung Projektleiter ergeben 120 Zusatzpunkte, die

gewichtete Punkteanzahl erhöht sich damit auf 953,0, die korrigierte

Punkteanzahl Qualität auf 2246; davon 1/2 = 1123 + Punkteanzahl

Preis = 2603. Damit bleiben die mitbeteiligten Parteien mit 2833,6

noch immer Bestbieter.

Im übrigen wurde die Auswertung der restlichen Referenzprojekte zutreffend vorgenommen:

[...]

Zu Spruchpunkt IX [Anm. des Verfassungsgerichtshofes:

Zurückweisung des Antrags auf Überprüfung, ob der Auftraggeber auch im Falle des Angebotes der beteiligten Parteien des vom Auftraggeber in der mündlichen Verhandlung dargelegten Maßstab angewandt habe] bleibt noch auszuführen, dass zwar gewiss der Sachverhalt von Amts wegen zu erheben und festzustellen ist. Sache des Antragstellers ist es aber konkret zu behaupten, welche Kriterien bei der Bewertung der Angebote verletzt wurden. Eine völlig unsubstantiierte Behauptung stellt demnach kein ausreichendes und zu berücksichtigendes Vorbringen dar.

Auch unter Berücksichtigung eines weiteren Referenzprojektes ändert sich schlussendlich nichts an der Beurteilung, dass die Antragsteller nicht Bestbieter sind."

Die mit Bescheid vom 28. August 2002, Z N-31/02-33, erfolgte Zurückweisung eines Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wurde vom BVA damit begründet, dass es zur Erlassung von einstweiligen Verfügungen nur zuständig sei, wenn zugleich ein Antrag auf Nichtigerklärung einer Entscheidung des Auftraggebers gestellt werde. Nach Abschluss des Nachprüfungsverfahrens seien die Voraussetzungen für einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung weggefallen und dieser daher unzulässig.

2. Die beschwerdeführende Gesellschaft erachtet sich durch die angefochtenen Bescheide in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie in ihrem Recht auf ein faires Verfahren gemäß Art6 EMRK verletzt. Eine solche Verletzung erblickt sie darin, dass das BVA die Ausbildung des Projektleiters und Projektleiterstellvertreters der in Aussicht genommenen Bestbieter unzutreffend als "gleichwertige Studienrichtung" gewertet habe. Die Ausschreibungsunterlagen hätten demgegenüber eine Qualifikation dahin gefordert, dass diese Personen das Studium "Chemie" oder "Technische Chemie" oder eine "gleichwertige Studienrichtung" absolviert haben mussten. Das BVA habe die Qualifikation des Projektleiters und seines Stellvertreters unzureichend geprüft bzw. zur Frage der Gleichwertigkeit der Studienrichtung eine mangelhafte Beweiswürdigung durchgeführt. Insbesondere sei es unterlassen worden, ein von den Beschwerdeführern verlangtes Sachverständigengutachten betreffend die Gleichwertigkeit des Ausbildungsweges einzuholen. Ein solches Versäumnis verletze die Beschwerdeführer in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein faires Verfahren gemäß Art6 EMRK. Da im Falle der Aufhebung des Bescheides Z N-31/02-28 auch der Bescheid Z N-31/02-33 "rechtswidrig werden würde", werde dieser "aus prozessualen Gründen" ebenfalls angefochten.

3. Der Bund tritt in seiner Äußerung den Beschwerdebehauptungen im Einzelnen entgegen: Sein Vorbringen auf das Wesentlichste zusammengefasst, bringt er vor, dass das BVA die Qualifikation des Projektleiters bzw. des Projektleiterstellvertreters anhand der vorgelegten Unterlagen und im Sinne der Ausschreibungsunterlagen im Einzelnen geprüft habe. Der von den erfolgreichen Bietern nominierte Projektleiter habe während seines Studiums "vertiefende chemische Ausbildungsinhalte" absolviert und die "Bewilligung für das gebundene Gewerbe der Technischen Büros auf dem Fachgebiet Technischer Umweltschutz" erlangt. Er habe auch eine gleichwertige Ausbildung durch das Konzessionsprüfungszeugnis auf dem Fachgebiet des industriellen Umweltschutzes wie auch langjährige berufliche Tätigkeiten in einem Ziviltechnikerbüro für technische Chemie nachgewiesen. Der namhaft gemachte Projektleiterstellvertreter verfüge ebenfalls über eine einschlägige Ausbildung. Vor diesem Hintergrund wäre es sachlich nicht zu rechtfertigen gewesen, ein Sachverständigengutachten einzuholen.

4. a) Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

Ein willkürliches Verhalten kann der Behörde unter anderem dann vorgeworfen werden, wenn sie den Beschwerdeführer aus unsachlichen Gründen benachteiligt hat oder aber, wenn der angefochtene Bescheid wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (zB VfSlg. 10.065/1984, 14.776/1997, 16.273/2001).

b) In ihrem Vorbringen wenden sich die Beschwerdeführer der Sache nach nur gegen die Entscheidung des BVA, die Qualifikation des Projektleiters und des Projektleiterstellvertreters der evaluierten Bestbieter als ausschreibungskonform zu werten, bzw. gegen die vom BVA vertretene Auffassung, dass die Ausschreibungsbestimmung des Nachweises einer zumindest "gleichwertigen" Studienrichtung sich (nur) auf die geforderte Tätigkeit beziehe und damit ein der Studienrichtung "Chemie" oder "Technischen Chemie" gleichwertiger akademischer Ausbildungsweg nachgewiesen werden müsse. Ihr Vorbringen zu dieser Frage wäre leichtfertig ignoriert worden und das Beweisverfahren unzureichend geführt, insbesondere ein verlangtes Sachverständigengutachten nicht eingeholt worden.

Das BVA ist im vorliegenden Fall zum Ergebnis gelangt, dass die von den Bestbietern nachgewiesenen Ausbildungswege des Projektleiters bzw. seines Stellvertreters ausschreibungskonform gelegt sind. Dieses Ergebnis erscheint dem Verfassungsgerichtshof - wie auch die Verwaltungsakten erweisen - plausibel und in Willkür vermeidender Weise begründet, weshalb es aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden ist. Im Übrigen werden in der Beschwerde nur einfachgesetzliche Fragen aufgeworfen, die insbesondere den Gang des Ermittlungsverfahrens bzw. Fragen der Beweiswürdigung betreffen:

Ob das Verfahren aber in jeder Hinsicht rechtmäßig geführt wurde und die materiell-vergaberechtlichen Fragen unter Einhaltung aller verfahrensrechtlichen Vorschriften zutreffend beurteilt wurden, hat der Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen; und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie im vorliegenden Fall - gegen einen Bescheid des BVA richtet, der beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. VfSlg. 10.565/1985, 10.659/1985, 12.697/1991).

Auch gegen die übrigen Spruchpunkte des Bescheides Z N-31/02-28, zu denen die Beschwerde kein Vorbringen enthält, sind beim Verfassungsgerichtshof keine Bedenken entstanden. Solche bestehen auch nicht gegenüber dem "aus prozessualen Gründen" angefochtenen Bescheid Z N-31/02-33, mit dem ein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

III. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 327,-- enthalten.

Schlagworte

Vergabewesen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2004:B1499.2002

Dokumentnummer

JFT_09958870_02B01499_2_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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