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10/07 VerwaltungsgerichtshofNorm
AVG §71 Abs1 Z1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):96/13/0174Rechtssatz
Daß ein einer fristgebundenen Maßnahme potentiell bedürftiges Geschäftsstück in der Kanzlei eines berufsmäßigen Parteienvertreters abgelegt wird, ohne daß dieser selbst es zu Gesicht bekommt und ohne daß es in das Fristenbuch eingetragen wird, ist ein Geschehensablauf, der in einem Kanzleibetrieb mit dem zu fordernden Organisationsstandard schlechterdings nicht eintreten können darf. Im konkreten Fall kann im Hinblick auf den durch bloße Vermutungen erklärten Hergang der bearbeitungslosen Ablage der Berufungsentscheidung auch nicht gesagt werden, daß der Parteienvertreter (ein Steuerberater) alles vorgekehrt hat, was typischerweise geboten ist, um ein Ereignis der eingetretenen Art hintanzuhalten. Der Beschwerdeführer hat nicht einmal behauptet, daß der Parteienvertreter seinen Angestellten es ausdrücklich untersagt hätte, Akten und Geschäftsstücke von Schreibtischen anderer Sachbearbeiter an sich und in eigene Bearbeitung zu nehmen. Sollte die Vermutung über die bearbeitungslose Beförderung von Akt und Geschäftsstück des Beschwerdeführers vom Schreibtisch einer Mitarbeiterin der Kanzlei des Parteienvertreters in die Ablage durch eine andere Mitarbeiterin dieser Kanzlei zutreffen, dann kann ein solcher Geschehensablauf dem Parteienvertreter nur dann nicht als ein einen minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden zugerechnet werden, wenn die unbekannt gebliebene Mitarbeiterin sich mit einer solchen Vorgangsweise weisungswidrig verhalten hätte. Darüber hinaus besteht Erklärungsbedarf auch dahin, weshalb es zu einer diesfalls derart unerklärlichen Fehlleistung der unerkannt gebliebenen Mitarbeiterin kommen kann und weshalb mit einer solchen Fehlleistung nicht hätte gerechnet werden können.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996130173.X03Im RIS seit
03.04.2001Zuletzt aktualisiert am
02.02.2011