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50 GewerberechtNorm
B-VG Art140 Abs3 erster SatzLeitsatz
Aufhebung einer die Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis regelnden Bestimmung der GewO 1994 wegen Verstoß gegen die Erwerbsausübungsfreiheit; Nachweis der vollen Befähigung auch bei angestrebter Gewerbeberechtigung nur für eine bestimmte Teiltätigkeit eines Gewerbes keine adäquate Beschränkung der ErwerbsausübungsfreiheitRechtssatz
In §28 Abs3 GewO 1994 wird die Wendung "Z 2" als verfassungswidrig aufgehoben.
Nach der Gewerbeordnung besteht die Möglichkeit, eine Gewerbeberechtigung auch nur für eine Teiltätigkeit eines Gewerbes anzustreben. Daß in einem derartigen Fall die Erteilung einer Nachsicht vom vorgesehenen Befähigungsnachweis davon abhängig gemacht wird, daß vom Nachsichtswerber nach dem Bildungsgang und der bisherigen Tätigkeit angenommen werden kann, daß er die für die Gewerbeausübung im beantragten Umfang erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen besitzt, hält der Verfassungsgerichtshof für erforderlich, um das öffentliche Interesse der Sicherung eines entsprechenden Standards fachlicher Leistungen zu erreichen. Es kann aber nicht mehr als erforderlich angesehen werden, wenn auch für den Fall, daß die Gewerbeberechtigung nur für eine bestimmte Teiltätigkeit eines Gewerbes angestrebt wird, vom Nachsichtswerber verlangt wird, daß er nach dem Bildungsgang und der bisherigen Tätigkeit über die Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen verfügt, die in einem für die Ausübung des Gewerbes insgesamt berechtigenden Befähigungsnachweis vorgeschrieben sind und über die für die Ausübung der jeweiligen Teiltätigkeit notwendigen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen hinausgehen. Eine gesetzliche Bestimmung, die derartiges verlangt, ist als eine nicht mehr adäquate Beschränkung der Erwerbsausübungsfreiheit anzusehen.
Die Verfassungswidrigkeit kann allein durch die Aufhebung der Wendung "Z 2" in §28 Abs3 GewO 1994 beseitigt werden. Denn der Klammerausdruck "(volle Befähigung)" in §28 Abs1 Z1 GewO 1994 hat für sich keine eigene normative Bedeutung. Er ist vielmehr nur als Kurzbezeichnung für die an sich nicht bedenkliche Regelung zu verstehen, daß ein Nachsichtswerber über sämtliche für die angestrebte Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen zu verfügen hat, was ja immer dann, wenn die Ausübung des Gewerbes insgesamt angestrebt wird, nach dem Dargelegten verfassungsrechtlich auch nicht bedenklich ist.
Schlagworte
Gewerberecht, Gewerbeberechtigung, Befähigungsnachweis, Nachsicht (vom Befähigungsnachweis), VfGH / Verwerfungsumfang, ErwerbsausübungsfreiheitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1995:G272.1994Dokumentnummer
JFR_10049698_94G00272_01