RS Vfgh 1995/3/6 G298/94

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Veröffentlicht am 06.03.1995
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Index

L3 Finanzrecht
L3600 Kriegsopferabgabe, Opferfürsorgeabgabe

Norm

EMRK Art8
Vlbg KriegsopferabgabeG §2
Vlbg AbgabenverfahrensG §54 und §56

Leitsatz

Keine Aufhebung von Bestimmungen des Vlbg KriegsopferabgabeG hinsichtlich der entgeltlichen Überlassung von Bildträgern; keine Aufzeichnungspflicht des Haftungspflichtigen bezüglich der Person, der ein Bildträger überlassen wird

Rechtssatz

Der vierte und fünfte Satz ("Zur Entrichtung der Abgabe ist weiters verpflichtet, wem der von der Abgabe betroffene Bildträger gegen Entgelt zum nichtöffentlichen Abspielen innerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes überlassen wird. Im Zweifel ist anzunehmen, daß der Bildträger zu diesem Zweck überlassen wird".) im §2 Abs1 sowie der vierte Satz ("Dies gilt in gleicher Weise für Personen, die Bildträger Dritten gegen Entgelt zum nichtöffentlichen Abspielen überlassen.") im §2 Abs2 des Vlbg KriegsopferabgabeG, LGBl. 40/1989, werden nicht als verfassungswidrig aufgehoben.

Da der Gesetzgeber bei "gesellschaftlichen Veranstaltungen" iSd §1 Abs1 Vlbg KriegsopferabgabeG ersichtlich davon ausgeht, daß eine Feststellung der Identität des abgabepflichtigen Besuchers durch den zur Einhebung der Abgabe verpflichteten Veranstalter nicht in Betracht kommt, besteht auch kein Grund zur Annahme, daß hinsichtlich der Person des Abgabepflichtigen bei der Überlassung von Bildträgern eine andere legislative Absicht verfolgt wird.

Unter Bedachtnahme darauf, daß das Vlbg KriegsopferabgabeG insgesamt keine Aufzeichnungspflicht bezüglich der Person desjenigen vorsieht, dem ein Bildträger entgeltlich überlassen wird, folgt für die im Einleitungsbeschluß bezogenen Bestimmungen des Vlbg AbgabenverfahrensG (§54 und §56), daß sie nicht etwa dahin auszulegen sind, daß sie eine derartige Aufzeichnungspflicht des Haftungspflichtigen begründen. Denn diese Vorschriften müssen einerseits vor dem Hintergrund des jeweiligen materiellen Abgabengesetzes, hier also des Vlbg KriegsopferabgabeG, verstanden werden, andererseits aber auch verfassungskonform unter dem Aspekt des durch Art8 EMRK gewährleisteten Schutzes des Privatlebens im Licht jener verfassungsrechtlichen Erwägungen interpretiert werden, die den Gerichtshof in seinem dem Prüfungsbeschluß zugrundeliegenden Erk. VfSlg. 12689/1991 veranlaßt haben, Vorschriften der Wiener Vergnügungssteuergesetze wegen der dort ausdrücklich festgelegten Aufzeichnungspflichten als verfassungswidrig zu befinden. Zu betonen ist in diesem Zusammenhang noch, daß der infolge des entgeltlichen Überlassens von Bildträgern Haftungspflichtige seiner Verpflichtung zur Führung von Aufzeichnungen in Ansehung der steuerrechtlich erheblichen Tatbestandsmerkmale durchaus nachkommen kann, ohne die Person festzuhalten, welcher der Bildträger überlassen wurde.

(Anlaßfall: E v 09.03.95, B611/93 - keine Aufhebung des angefochtenen Bescheides).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Vergnügungssteuer, Kriegsopferabgaben, Privat- und Familienleben, Finanzverfahren, Aufzeichnungspflicht (Anmieten Videocassetten)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1995:G298.1994

Dokumentnummer

JFR_10049694_94G00298_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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