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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Versagung einer Betriebsanlagengenehmigung für eine Recycling-Anlage in der ehemaligen Zuckerfabrik in Siegendorf aufgrund der am geplanten Standort raumordnungsrechtlichen Unzulässigkeit einer solchen umweltrelevanten Abfallbehandlungsanlage; keine Bedenken gegen die Festlegung von Verbots- und Eignungszonen für Abfallbehandlungsanlagen für gefährliche Abfälle und Altöle im Landesraumordnungsplan; keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die gesetzlichen Grundlagen des Landesraumordnungsplanes hinsichtlich der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern, des Determinierungsgebotes und des Selbstverwaltungsrechts der GemeindeRechtssatz
Kein Zweifel kann daran bestehen, daß es sich bei der Bewilligung und Errichtung einer Abfallbehandlungsanlage für gefährliche Abfälle und für Altöle um Maßnahmen handelt, "die in erheblichem Ausmaß nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt erwarten lassen" iSd §2a Bgld RaumplanungsG. Auch bei rechtmäßig nach den §74 ff GewO 1973 bewilligten Betriebsanlagen sind "nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt" im Sinne des §2a Abs1 Bgld RaumplanungsG nicht auszuschließen, mag auch davon keine konkrete Gefahr ausgehen.
Es kann der Burgenländischen Landesregierung nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Rahmen ihres Planungsermessens vorerst ausschließlich die Errichtung von Abfallbehandlungsanlagen für gefährliche Abfälle und Altöle zum Gegenstand ihres Landesraumordnungsplanes machte.
Auch die Grundsätze und Ziele der überörtlichen Raumplanung gemäß §1 Abs2 Bgld RaumplanungsG zwingen die Burgenländische Landesregierung nicht, eine durchgehende "Gliederung des Landesgebietes" nach sämtlichen der "in §1 Abs2 festgelegten Grundsätze und Ziele" im Landesraumordnungsplan vorzunehmen.
Keine Bedenken gegen die Festlegung des Geländes der ehemaligen Zuckerfabrik in Siegendorf als Verbotszone für bestimmte Abfallbehandlungsanlagen im Bgld Landesraumordnungsplan 1992.
Der Bgld Landesraumordnungsplan 1992 gliedert entsprechend der Vorschrift des §2a Abs2 Bgld RaumplanungsG funktionell das gesamte Landesgebiet in hinreichendem Ausmaß, um Verbotszonen und Eignungszonen für umweltrelevante Maßnahmen festlegen zu können. Wenn neben den planerisch ausgewiesenen Natur- und Landschaftsschutzgebieten (, die bereits gemäß §2a Abs2 zweiter Satz Bgld RaumplanungsG im Landesraumordnungsplan auszuweisen sind, ) auch "Grundwasserschutz- und Schongebiete", "Fremdenverkehrsstandorte und Fremdenverkehrseignungszonen", "Biotopvorbehaltsflächen" und schließlich "sonstige berücksichtigungswürdige Gebiete" getrennt ausgewiesen und als Verbotszonen für Abfallbehandlungsanlagen für gefährliche Abfälle und Altöle in der Legende zur planerischen Darstellung des Landesraumordnungsplanes zusammengefaßt werden, sodaß alle planerisch nicht nach den oben genannten Kriterien gekennzeichneten Flächen als Eignungszonen für Anlagen der genannten Art vom Standpunkt der überörtlichen Landesraumplanung in Betracht kommen, so entspricht eine derartige Gliederung und Festlegung dem §2a Abs2 Bgld RaumplanungsG.
Die Kennzeichnung des von der beschwerdeführenden Gesellschaft als Gewerbestandort geplanten Gebietes als "berücksichtigungswürdig" und seine dementsprechende Einbeziehung in die Verbotszone nach §2a Abs2 Bgld RaumplanungsG entspricht sohin dem §1 Abs2 Z10 Bgld RaumplanungsG, demzufolge als Ziel der überörtlichen Raumplanung anzustreben ist: "Gebiete mit nutzbaren Wasser- und Rohstoffvorkommen sollen von Nutzungen freigehalten werden, welche diese Vorkommen beeinträchtigen und ihre Gewinnung verhindern können."
Kein Widerspruch zum Bundes-Abfallwirtschaftsplan.
Schon mangels einer entsprechenden Festlegung von Standorten für Abfallbehandlungsanlagen für gefährliche Abfälle gemäß §26 AbfallwirtschaftsG war in Zusammenhang mit dem von der beschwerdeführenden Gesellschaft gewünschten Gewerbestandort von der Burgenländischen Landesregierung bei Erlassung des Landesraumordnungsplanes auf keine "Planungen und ... für die Raumplanung bedeutsamen Maßnahmen des Bundes" Rücksicht zu nehmen, sodaß der Landesraumordnungsplan insoweit jedenfalls auch nicht gegen §2a Abs3 Bgld RaumplanungsG verstößt.
Dem Einwand, daß die "Grundsätze und Ziele" in §1 Abs2 Bgld RaumplanungsG teilweise in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes gemäß Art10 Abs1 B-VG fallen, genügt es, die ständige Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg. 4486/1963, 7138/1973; zur "Kompetenzneutralität gesetzlicher Planungsziele" vgl.insbes. 11393/1987; 11626/1988; 12068/1989, 12918/1991) entgegenzuhalten, derzufolge es dem Landesgesetzgeber von Verfassungs wegen nicht verwehrt ist, im Zusammenhang mit einer von ihm zu regelnden Materie alle öffentlichen Zwecke "und daher auch die des Bundes" zu berücksichtigen.
Der Verfassungsgerichtshof ist nicht der Meinung, daß die "Maßnahmen, die im erheblichen Ausmaß nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt erwarten lassen", vom Gesetzgeber in §2a Bgld RaumplanungsG in einer das Bestimmtheitserfordernis gemäß Art18 Abs2 B-VG verletzenden Weise umschrieben sind.
Unter den in Teilen des Landesgebietes deswegen zu verbietenden Anlagen, weil sie "in erheblichem Ausmaß nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt erwarten lassen", sind im Hinblick auf das Ziel des Gesetzes eine Vielzahl und Vielfalt derartiger Anlagen zu verstehen, die aber einerseits durch ihre Raum-, andererseits durch ihre Umweltrelevanz hinreichend präzisiert erscheinen, zumal die nachteiligen Auswirkungen auf die Umwelt "in erheblichem Ausmaß" auf Grund von Erfahrungswerten zu erwarten sein müssen.
Der Verfassungsgerichtshof hegt keinen Zweifel, daß die Standorte von Abfallbehandlungsanlagen für gefährliche Abfälle von einer Raum- und Umweltbedeutung sind, die überwiegend überörtliche Interessen indiziert. Das wird schon daraus deutlich, daß erfahrungsgemäß das örtliche Interesse nicht auf die Errichtung, sondern regelmäßig auf die Verhinderung derartiger Anlagen gerichtet ist. Sowohl die Raumplanungsziele gemäß §1 Abs2 Bgld RaumplanungsG als auch die Planung von Abfallbehandlungsanlagen für gefährliche Abfälle und Altöle als Maßnahmen, die in erheblichem Ausmaß nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt erwarten lassen, gemäß §2a Bgld RaumplanungsG einschließlich der Anordnung entsprechender Vorbehaltsflächen gemäß §2b leg. cit. verletzen sohin als Gegenstand und Aufgabe der überörtlichen Raumplanung die verfassungsrechtlichen Grenzen des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde gemäß Art118 Abs2 und Abs3 B-VG nicht.
Es ist keinesfalls unsachlich, in einem Landesraumordnungsplan jene Teile des Landesgebietes zu bezeichnen, die für Abfallbehandlungsanlagen für gefährliche Abfälle von vornherein nicht in Betracht kommen.
Keine verfassungswidrige Einzelfallregelung (hier: §2a Bgld RaumplanungsG iVm Bgld Landesraumordnungsplan 1992).
Schlagworte
Raumordnung, Planungsakte (Raumordnung), Gemeinderecht, Gewerberecht, Betriebsanlage, Umweltschutz, Wirkungsbereich eigener, Abfallwirtschaft, Kompetenz Bund - Länder, Berücksichtigungsprinzip, Individualgesetz, Determinierungsgebot, SelbstverwaltungsrechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1995:B1363.1993Dokumentnummer
JFR_10049693_93B01363_01