Index
50 GewerberechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Keine Gleichheitswidrigkeit von die umsatzabhängige Kammerumlage I betreffenden Bestimmungen des HandelskammerG in der Fassung der 10. HandelskammerG-Novelle im Hinblick auf die im Gesetz vorgesehenen verschiedenen Anknüpfungspunkte für die Festlegung der Höhe der Kammerumlage; keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Entscheidung der Finanzlandesdirektion über die Berufung gegen die Festsetzung der Kammerumlage durch das Finanzamt; Bekämpfung der Umlagepflicht dem Grunde nach (und damit Zuständigkeit des Präsidenten der Landeskammer zur Entscheidung über eine Berufung) nur bei Bestreitung der KammerangehörigkeitRechtssatz
Keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Inanspruchnahme der Zuständigkeit zur Entscheidung über die Berufung gegen die Festsetzung der Kammerumlage I durch das zuständige Finanzamt.
Die belangte Finanzlandesdirektion für Oberösterreich hat ihre Zuständigkeit auf eine zutreffende Interpretation des §57 Abs1 Z3 HandelskammerG gestützt. Diese Gesetzesvorschrift bestimmt als Ausnahme von der Regel, daß sich Zuständigkeit und Verfahren zur Festsetzung der Kammerumlagen nach den Vorschriften der BAO richten, daß "über Rechtsmittel, mit denen die Umlagepflicht dem Grunde oder dem Umfang nach bestritten wird" der Präsident der Landeskammer zu entscheiden hat.
Aus dem Zusammenhang ergibt sich nämlich, daß vom Gesetz die Frage, ob (und allenfalls mit welchen Berechtigungen) eine Unternehmung der Wirtschaftskammerorganisation angehört, als Frage der Umlagepflicht dem Grunde nach verstanden wird, nicht aber die Frage der Bemessung und Berechnung der Umlage und damit auch nicht die Frage, ob die der Bemessung und Berechnung der Umlage zugrundeliegenden Rechtsvorschriften verfassungskonform sind.
Keine Gleichheitswidrigkeit der die umsatzabhängige Kammerumlage I betreffenden Absätze 1 bis 4 des §57 HandelskammerG idF der
10. HandelskammerG-Nov, BGBl 958/1993.
Der Gesetzgeber hat seinen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum nicht überschritten, wenn er neben anderen Kriterien unter anderem auch den Umsatz als Bemessungsgrundlage heranzieht, um die Höhe der von den einzelnen Mitgliedern zu leistenden Beträge zu bestimmen. Es liegt grundsätzlich im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, an welche Kriterien er bei der Bemessung der Umlage anknüpft. Er hat hiebei verschiedene Möglichkeiten. Der Gesetzgeber hat sich anläßlich der
10. HandelskammerG-Nov für ein Mischsystem entschieden: Er hat teilweise - wohl im Hinblick auf die Aufgaben der Wirtschaftskammern im arbeitsrechtlichen und kollektivvertraglichen Bereich - an die Lohnsumme, teilweise an den Umsatz (als einen Indikator für das Geschäftsvolumen), teilweise an branchenspezifisch bestimmte Anknüpfungspunkte und teilweise (in Art von Gebühren) an die konkrete Inanspruchnahme von Kammerleistungen durch die Kammermitglieder angeknüpft. Der Gerichtshof kann nicht finden, daß der Gesetzgeber durch ein derartiges System das dem Gleichheitsgrundsatz innewohnende Sachlichkeitsgebot verletzt hätte.
Das Anknüpfen der KU I an den Umsatz begegnet jedenfalls angesichts der Tatsache, daß mit dieser umsatzabhängigen Abgabe nur ein Teil der Aufwendungen der Wirtschaftskammern finanziert wird, als solches keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Der Gesetzgeber ist nicht verpflichtet, Differenzierungen bei der Berechnung der Umsatzsteuer auch bei der Berechnung einer umsatzabhängigen Kammerumlage vorzusehen, da die Anknüpfung an den Umsatz mit dem Ziel erfolgt, an einen Indikator für die Unternehmensgröße anzuknüpfen und sich die Zielsetzung im Falle der Kammerfinanzierung von jener des Umsatzsteuergesetzes wesentlich unterscheidet.
Daß der Gesetzgeber bei Festlegung der Bemessungsgrundlage Umsatz an die Steuerbarkeit anknüpft, kann der Gerichtshof nicht als unsachlich empfinden.
Der Gerichtshof kann nicht finden, daß es der Gleichheitsgrundsatz gebieten würde, Liebhaberei-Betriebe den ertragsorientierten Unternehmungen kammerumlagenrechtlich in jeder Beziehung gleichzustellen.
Das Äquivalenzprinzip kann für die Bemessung von Gebühren, nicht aber für die Festsetzung von Abgaben der Art einer der Gesamtfinanzierung einer Selbstverwaltungsorganisation (hier: der Wirtschaftskammern) dienenden Umlage gelten. Denn eine Zuordnung der zentralen Aufgaben der Kammern, die gemeinsamen Interessen der in ihnen zusammengefaßten Personen einerseits gegenüber dem Staat zu vertreten und andererseits gegenüber dem Sozialpartner durchzusetzen zu versuchen, läßt eine individuelle Zuordnung an einzelne Mitglieder naturgemäß gar nicht zu, weshalb die Kammerumlagen als steuerähnliche Abgaben, nicht aber als Gebühren zu verstehen sind.
Schlagworte
Behördenzuständigkeit, Handelskammern, Auslegung, berufliche Vertretungen, Abgabenwesen, ÄquivalenzprinzipEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1995:B1933.1994Dokumentnummer
JFR_10049693_94B01933_01