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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Zulässigkeit des Individualantrags (auch) von Anrainern auf Aufhebung einer Ergänzung des Bebauungsplanes hinsichtlich der Festlegung einer bestimmten Bauklasse und Bebauungsdichte nach Aufhebung derselben Festlegungen in einer früheren Verordnung durch den Verfassungsgerichtshof infolge Unzumutbarkeit der Beschreitung des Verwaltungsrechtsweges; Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Verordnung infolge neuerlicher Festlegung der im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs als gesetzwidrig erkannten Änderung des Bebauungsplanes hinsichtlich Bauklasse und BebauungsdichteRechtssatz
Zulässigkeit des Individualantrags auf Aufhebung einer Bebauungsplanergänzung hinsichtlich der im Eigentum des Antragstellers stehenden Grundstücke.
Die angefochtene Verordnung greift durch die Festlegung der Bauklasse (und damit der Bebauungshöhe) und der Bebauungsdichte in die Rechtssphäre des Erstantragstellers ein, da sie die Unzulässigkeit von diesen Festlegungen nicht entsprechenden Bauführungen auf diesen Grundstücken zur Folge hat.
Ein zumutbarer Umweg steht nicht zur Verfügung. Da sich die angefochtene Verordnung auf die Festlegung der Bauklasse und der Bebauungsdichte beschränkt, es für eine Bauplatzerklärung aber nur auf die die Gestalt, Beschaffenheit und Größe eines Grundstückes betreffenden Festlegungen im Bebauungsplan ankommt (§12 Abs1 Z2 Nö BauO), könnte schon aus diesem Grund ein Antrag auf Erklärung der fraglichen Grundstücke des Erstantragstellers zum Bauplatz nicht zu einem Bescheid führen, für den die angefochtene Verordnung eine der Rechtsgrundlagen bildet.
Zulässigkeit des Individualantrags auf Aufhebung einer Bebauungsplanergänzung hinsichtlich von Nachbargrundstücken.
Im vorliegenden Fall sind besondere Umstände gegeben, die es für die Antragsteller unzumutbar erscheinen lassen, die Erteilung einer das Nachbargrundstück betreffenden Baubewilligung, der die angefochtene Verordnung zugrundeliegt, abzuwarten, um die Gesetzwidrigkeit dieser Verordnung nach Erschöpfung des Instanzenzuges durch Beschwerdeführung vor dem Verfassungsgerichtshof geltend zu machen. Die mit der Beschreitung dieses Weges verbundene zeitliche Verzögerung ist im Hinblick darauf nicht zumutbar, daß das Gebäude, dessen Errichtung auf dem Boden der vom Verfassungsgerichtshof mit dem E v 01.07.93, V33-36/93, teilweise als gesetzwidrig aufgehobenen Verordnung über die Änderung des Bebauungsplanes bewilligt worden war, nahezu fertiggestellt ist. Die nunmehr angefochtene Verordnung ist, was die Festlegung der Bauklasse und der Bebauungsdichte betrifft, mit der vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Verordnung inhaltsgleich. Die Aufhebung dieser Verordnung hatte zur Folge, daß den zu B1074/91 und zu B140/93 protokollierten Beschwerden Folge gegeben wurde, weil die damaligen Beschwerdeführer wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt worden waren. Damit erwuchs den damaligen Beschwerdeführern aus §87 Abs2 VfGG das Recht, daß die Verwaltungsbehörden unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verfassungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herstellen. Der Verwirklichung dieses Rechtes steht die nunmehr angefochtene Verordnung letztlich entgegen. Dies ist ungeachtet des Umstandes der Fall, daß die angefochtene Verordnung in dem anhängigen Bauverfahren nicht anzuwenden ist.
Die Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Mödling vom 10.12.93, V/1616/93, betreffend Ergänzung des Bebauungsplanes wird als gesetzwidrig aufgehoben.
Die angefochtene Verordnung legt für das Planungsgebiet, für das die vom Verfassungsgerichtshof mit E v 01.07.93, V33-36/93, aufgehobene Verordnung über die Änderung des Bebauungsplanes gegolten hatte, neuerlich einheitlich die Bauklasse III und eine Bebauungsdichte von 50 Prozent fest.
Es ist dem Verordnungsgeber verwehrt, im Zuge der durch die (teilweise) Aufhebung der gesetzwidrigen Änderung des Bebauungsplanes bedingten Erlassung einer Verordnung zur Ergänzung des Bebauungsplanes die wegen Gesetzwidrigkeit aufgehobenen Regelungen neuerlich zu treffen und damit gerade jene Rechtslage wieder herzustellen, die mit dem Erkenntnis als gesetzwidrig erkannt worden war. Auch die in §4 Abs1 Nö BauO enthaltene zwingende Anordnung, wonach im Bebauungsplan unter anderem die Bebauungshöhe und die Bebauungsdichte festzulegen sind, gestattet es dem Verordnungsgeber nicht, unter Berufung auf die Notwendigkeit einer durch das aufhebende Erkenntnis bedingten Ersatzregelung den Bebauungsplan entgegen diesem Erkenntnis so zu ergänzen, daß er dem vom Verfassungsgerichtshof (teilweise) als gesetzwidrig aufgehobenen Bebauungsplan entspricht.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, Baurecht, Raumordnung, Bebauungsplan, VfGH / Aufhebung Wirkung, Ersatzbescheid, VerordnungserlassungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1995:V58.1994Dokumentnummer
JFR_10049690_94V00058_01