RS Vfgh 1995/6/14 V60/94

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Veröffentlicht am 14.06.1995
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art18 Abs2
StGG Art5
Bebauungsplan der Stadt Linz, Z0 108/10
Oö RaumOG §19
Oö RaumOG §20 Abs1 Z8
Oö BauO §41 Abs1 lite
Oö BauO §61

Leitsatz

Keine Gesetzwidrigkeit der Festlegung eines abzutragenden Bauwerkes in einem Bebauungsplan auf der Grundlage des Oö RaumOG; keine Verletzung des Determinierungsgebotes; keine Verletzung des Gleichheitssatzes im Hinblick auf baurechtliche Abbruchbewilligungen; keine verfassungswidrige Eigentumsbeschränkung

Rechtssatz

Keine Gesetzwidrigkeit der Festlegung "Abbruch" für das Grundstück Nr 1154/5 im Bebauungsplan der Stadt Linz, Z0 108/10; Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für die Festlegung eines abzutragenden Bauwerkes.

Die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes zum Planungsermessen des Verordnungsgebers bei der Erlassung von Bebauungsplänen (s zB VfSlg 11850/1988) gelten auch für "abzutragende Bauten und Anlagen" iSd §20 Abs1 Z8 Oö RaumOG, wenn die Abtragung für die "Art der Bebauung" eines bestimmten Gebietes, nämlich für die Durchsetzung eines Bauverbots, dem ein gegebener Bauzustand widerspricht, erforderlich ist.

Gerade das gesetzliche Gebot zur Rücksichtnahme "auf ein ausreichendes Maß an Licht, Luft und Sonne sowie auf die Erfordernisse des Umweltschutzes, der Hygiene und der Feuersicherheit" (§19 Abs3 Oö RaumOG) belegen ein öffentliches Interesse an der Freihaltung eines wesentlichen Teils des Grundstücks Nr 1154/5 von jeder Bebauung im Sinne des §20 Abs2 Z7 Oö RaumOG.

Aus dem Zusammenhalt der gesetzlichen Bestimmungen über den Inhalt der Bebauungspläne (gemäß §20 Oö RaumOG) und der für ihre Aufstellung zu beachtenden Grundsätze, Bedingungen und Voraussetzungen gemäß §19 Oö RaumOG zeigt sich sohin, daß die Festlegung abzutragender Bauten und Anlagen vom Gesetzgeber in Bebauungsplänen in normativer Weise vorgesehen ist und auch die Voraussetzungen dafür in einer den verfassungsrechtlichen Erfordernissen gemäß Art18 Abs2 B-VG entsprechenden Weise vom Gesetzgeber genannt wurden.

Eine Beschränkung der baurechtlichen Bewilligungsmöglichkeit auf den Gebäudeabbruch (nach §41 Abs1 lite Oö BauO) kann auch auf Grund einer entsprechenden Festlegung im Bebauungsplan zufolge §20 Abs1 Z8 Oö RaumOG bewirkt werden.

Abbruchaufträge nach §61 Oö BauO dürfen nur für konsenslos errichtete bewilligungspflichtige bauliche Anlagen erteilt werden, nicht aber für "abzutragende Bauten oder Anlagen", die gemäß §20 Abs1 Z8 Oö RaumOG in einem Bebauungsplan festgelegt wurden, sofern für diese Bauten eine rechtskräftige Baubewilligung vorliegt. Durch die Festlegung abzutragender Bauten im Bebauungsplan wird eben nur die Erwirkung einer anderen Bewilligung als der Abbruchbewilligung gemäß §41 Abs1 lite Oö BauO ausgeschlossen, nicht aber ein Abbruchauftrag rechtlich gedeckt. Angesichts dieser unterschiedlichen rechtlichen Konsequenzen kann der Abbruchauftrag nach §61 Oö BauO von vornherein mit der Festlegung abzutragender Bauten und Anlagen nach §20 Abs1 Z8 Oö RaumOG unter dem Aspekt des Gleichheitssatzes nicht verglichen werden.

Die als Eigentumsbeschränkung verfassungsrechtlich zu bewertende Festlegung abzutragender Bauten und Anlagen gemäß §20 Abs1 Z8 Oö RaumOG ist nur zulässig, wenn ein entsprechendes öffentliches Interesse (vgl §20 Abs2 Z7 Oö RaumOG) nachweislich ist, das die Festsetzung einer Abbruchszone unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes rechtfertigt. Der Verfassungsgerichtshof hat auf Grund der Rechts- und Sachlage keinen Zweifel, daß sowohl §20 Abs1 Z8 Oö RaumOG in Verbindung mit §19 Oö RaumOG im allgemeinen, als auch die Festlegung der Abbruchzone auf dem Grundstück Nr 1154/5 im konkreten Fall diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen einer Eigentumsbeschränkung genügen.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Baurecht, Raumordnung, Bebauungsplan, Baubewilligung, Eigentumsbeschränkung, Abbruchauftrag, Determinierungsgebot

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1995:V60.1994

Dokumentnummer

JFR_10049386_94V00060_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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