RS Vfgh 1995/6/16 B1611/94, B1612/94, B1613/94, B1614/94 - B2688/94, B2472/94, B2843/94, B620/95, B9

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Veröffentlicht am 16.06.1995
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Index

41 Innere Angelegenheiten
41/02 Staatsbürgerschaft, Paß- und Melderecht

Norm

EMRK Art8 Abs2
AufenthaltsG §6 Abs2

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens durch die Abweisung von Anträgen auf Verlängerung von Aufenthaltsberechtigungen für eine jugoslawische Familie mit langjährigem Aufenthalt im Inland und im Inland geborenen, österreichische höhere Schulen besuchenden Kindern; verfassungswidrige Annahme der Notwendigkeit der Antragstellung vom Ausland aus aufgrund der bereits abgelaufenen Sichtvermerke; analoge Vorgangsweise zur Fallgruppe der Verlängerungsanträge verfassungsrechtlich geboten

Rechtssatz

Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes kommt in Fällen wie dem vorliegenden, in denen die Antragsteller sich seit vielen Jahren rechtmäßig aufgrund einer Aufenthaltsbewilligung in Österreich aufgehalten haben, eine Analogie zu der im ersten Satz des §6 Abs2 AufenthaltsG geregelten Fallgruppe (Stellung eines erstmaligen Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vom Ausland aus - s zB VwGH 29.09.94, Z94/18/0510) nicht in Betracht; vielmehr liegt eine analoge Anwendung der Regelung des zweiten Satzes in §6 Abs2 AufenthaltsG nahe, der die Fallgruppe der Verlängerungsanträge betrifft.

In den hier zur Entscheidung stehenden Fällen würde eine Analogie zur Regel, daß der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen ist, der Rechtsvorschrift nicht nur einen geradezu schikanösen Inhalt zumessen; es käme vielmehr ein solches Interpretationsergebnis auch mit Art8 EMRK in Widerspruch, da es im Sinne des Gesetzesvorbehaltes des Abs2 dieses Konventionsartikels - anders als in Mißbrauchsfällen - keinesfalls als notwendig angesehen werden kann, um eines der dort genannten Ziele zu erreichen, daß Antragsteller, die sich jahre- bzw. jahrzehntelang, ja teilweise sogar seit der Geburt rechtmäßig in Österreich aufgehalten haben, wegen einer relativ kurzen Versäumung einer Frist zur Ausreise aus dem Bundesgebiet gezwungen würden, nur damit sie einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vom Ausland stellen können.

(ebenso unter Hinweis auf die Entscheidungsbegründung in B1611/94 ua:

B2688/94 ua, B2472/94, B2843/94 ua, B620/95 ua, B900/95 ua, B1278/95 ua, alle E v 29.06.95; weiters E v 25.11.96, B2601/94 ua, E v 13.12.96, B3616/95, E v 24.09.96, B1917/95).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Aufenthaltsrecht, Privat- und Familienleben

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1995:B1611.1994

Dokumentnummer

JFR_10049384_94B01611_2_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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