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83 Natur- und UmweltschutzNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Aufhebung eines Erlasses zum AltlastensanierungsG hinsichtlich der Beitragspflicht für die Ablagerung von Baurestmassen mangels Kundmachung des als Rechtsverordnung zu qualifizierenden Erlasses im Bundesgesetzblatt; gesetzwidrige Anknüpfung der Altlastenbeitragspflicht für Baurestmassen an eine gesetzlich nicht vorgesehene Unterscheidung hinsichtlich ihrer VerwendungRechtssatz
Zulässigkeit des Verfahrens zur Prüfung des Erlasses der Bundesministerin für Umwelt, Jugend und Familie zur AltlastensanierungsG-Nov 1992 vom 07.04.93.
Trotz seiner (im Einleitungssatz des Erlasses enthaltenen) verbalen Beschränkung, "Feststellungen" betreffend den Vollzug des AltlastensanierungsG zu treffen, wird durch die zu §6 Z2 unter der Überschrift "Mineralische Baurestmassen" ergangenen Ausführungen des Erlasses eindeutig bestimmt, welche Baustoffe den mineralischen Baurestmassen zuzuordnen sind, welche Verwendungsarten dieser mineralischen Baurestmassen beitragspflichtig sind und unter welchen Voraussetzungen die Beitragspflicht entfällt. Insofern handelt es sich aber bei den Festlegungen der Behörde - mögen sie auch als bloße "Feststellungen" bezeichnet werden - um normative Akte, welche entsprechende Beitragspflichten von Personen begründen, die mineralische Baurestmassen auf bestimmte Art, zB zur Geländeverfüllung, verwenden. Der Erlaß bedient sich aber auch darüber hinaus zur Abgrenzung der Beitragspflicht sowie sonstiger aus der AltlastensanierungsG-Nov 1992 erwachsender Verpflichtungen einer imperativen Diktion, durch die das Gesetz verbindlich ausgelegt wird.
Der Erlaß der Bundesministerin für Umwelt, Jugend und Familie wurde an alle Landeshauptleute mit der Aufforderung versendet, die Bezirksverwaltungsbehörden entsprechend zu informieren. Der Erlaß hat sohin jenes Mindestmaß an Publizität erreicht, das ihn im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg. 7375/1974, 8997/1980, 9247/1981, 11867/1988, 12744/1991) zu einem Bestandteil der Rechtsordnung werden ließ.
Der Erlaß der Bundesministerin für Umwelt, Jugend und Familie zur AltlastensanierungsG-Nov 1992 vom 07.04.93,
Z08 3523/26-V/4/93-Ho, wird als gesetzwidrig aufgehoben.
Da der Erlaß kraft seines Inhalts als Rechtsverordnung zu qualifizieren ist, Rechtsverordnungen eines Bundesministers aber gemäß §2 Abs1 litf BGBlG 1985 im Bundesgesetzblatt verlautbart werden müssen, belastet ihn schon der Mangel dieser Verlautbarung mit Gesetzwidrigkeit.
Der als Verordnung zu wertende Erlaß begründet überdies eine Altlastenbeitragspflicht, die entgegen §3 Abs1 Z1 AltlastensanierungsG über "das Deponieren (§2 Abs8) von Abfällen" hinausreicht und entgegen §2 Abs5 Z1 AltlastensanierungsG auch die Wiederverwendung von Abfallstoffen als Sekundärrohstoffe einer Beitragspflicht unterwirft. Der Erlaß knüpft daher die Altlastenbeitragspflicht für Baurestmassen an eine vom Gesetz nicht vorgesehene Unterscheidung hinsichtlich der Verwendung jener Baurestmassen.
Der Verfassungsgerichtshof sah sich - auch entsprechend der Anregung der Bundesministerin für Umwelt in ihrer Äußerung - veranlaßt, für das Außerkrafttreten der Verordnung eine Frist von einem Jahr zu bestimmen, weil der Bericht des Umweltausschusses des Nationalrates erkennen läßt, daß der Inhalt des Erlasses im parlamentarischen Verfahren als wünschenswerter Inhalt eines Gesetzes angesehen wurde.
Schlagworte
Altlastensanierung, Bauschutt, Abfallwirtschaft, Mülldeponie, Verordnung Kundmachung, Verordnungsbegriff, RechtsV, VerwaltungsV, VfGH / Prüfungsgegenstand, Abgaben Mülldeponie, VfGH / Fristsetzung, Erlaß siehe VerwaltungsV, Kundmachung siehe auch Verordnung KundmachungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1995:V169.1994Dokumentnummer
JFR_10049383_94V00169_01