RS Vfgh 1995/6/30 B324/95

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Veröffentlicht am 30.06.1995
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Index

27 Rechtspflege
27/01 Rechtsanwälte

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art144 Abs1 / Prüfungsmaßstab
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung
EWR-Abkommen Anhang VII litB
EWR-RechtsanwaltsG 1992
RAO §1a
RAO §21c Z7

Leitsatz

Keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das Verbot mehrerer Kanzleisitze für Rechtsanwalts-Gesellschaften, auch nicht im Hinblick auf das EWR-Abkommen, die Richtlinie des Rates zur Erleichterung der Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs der Rechtsanwälte und das EWR-RechtsanwaltsG 1992; keine Inländerdiskriminierung

Rechtssatz

Keine Bedenken gegen §21c Z7 und §1a Abs2 Z3 RAO (Verbot mehrerer Kanzleisitze für eine Rechtsanwalts-Gesellschaft).

Ist das Verbot mehrerer Kanzleisitze und das Verbot von Filialkanzleien für den einzelnen Anwalt sachlich begründet, kann dem Gesetzgeber nicht entgegengetreten werden, wenn er - wie im gesamten Gesellschaftsrecht - zur Vermeidung einer Bevorzugung von Rechtsanwalts-Gesellschaften vorsieht, daß auch diese Gesellschaften nur einen Sitz haben dürfen (vgl E v 29.09.94, B1886/92).

Die rechtliche Beurteilung von Bescheiden hat sich an der Rechtslage am Tage ihrer Zustellung zu richten (vgl zB VfSlg 13111/1992).

Maßgeblich ist im vorliegenden Fall die Rechtslage nach dem EWR-Abkommen, BGBl 909/1993, in dessen Anhang VII litB auf die Richtlinie des Rates vom 22.03.77 zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs der Rechtsanwälte (77/249/EWG) Bezug genommen wird, sowie nach dem EWR-RechtsanwaltsG 1992, BGBl 21/1993.

Der Verfassungsgerichtshof hegt auch aus dieser Sicht keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das Verbot mehrerer Kanzleisitze in Österreich. Zum einen ist es nämlich einer österreichischen Rechtsanwalts-Gesellschaft durch diese Rechtsvorschriften nicht verwehrt, in einem anderen Vertragsstaat dieses Abkommens einen weiteren Sitz zu unterhalten. Zum anderen gilt das Verbot mehrerer Kanzleisitze innerhalb Österreichs in gleicher Weise für österreichische Rechtsanwalts-Gesellschaften und für solche, die in einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens mit Ausnahme Österreichs (oder wo auch sonst immer) ansässig sind, sodaß sich das Problem der Inländerdiskriminierung nicht stellt.

(E v 28.11.95, B1241/95: Verweis auf Begründung von B1886/92 und B324/95; keine Änderung durch EU - Beitritt Österreichs).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Rechtsanwälte, Berufsrecht Rechtsanwälte, Erwerbsausübungsfreiheit, VfGH / Prüfungsmaßstab, VfGH / Prüfungszeitpunkt, EU-Recht Richtlinie, EWR

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1995:B324.1995

Dokumentnummer

JFR_10049370_95B00324_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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