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L0 Verfassungs- und OrganisationsrechtNorm
B-VG Art117 Abs2Leitsatz
Keine Stattgabe der Anfechtung einer Gemeinderatswahl; keine Verfassungswidrigkeit der Vorschriften über gültige bzw ungültige Stimmzettel und über die Bezeichnung eines Bewerbers durch den Wähler in der Nö GRWO 1994; keine Verletzung des im B-VG statuierten UnmittelbarkeitsprinzipsRechtssatz
Der Landesgesetzgeber verstößt nicht gegen Art117 B-VG, wenn er Stimmzettel, auf denen eine oder mehrere Wahlparteien und die Namen eines oder mehrerer Bewerber einer dieser oder einer anderen Wahlpartei angekreuzt wurden, als gültig betrachtet und der Partei des oder der genannten Bewerber zurechnet, sofern alle bezeichneten Bewerber derselben Wahlpartei zuzuzählen sind. Die Entscheidung dieser Frage liegt innerhalb des rechtspolitischen Gestaltungsspielraums des Landesgesetzgebers, sie ist bundesverfassungsgesetzlich (Art117 Abs2 B-VG) nicht vorentschieden. Insbesondere kann auch von einer Verletzung des in Art117 Abs2 B-VG statuierten Unmittelbarkeitsprinzips keine Rede sein.
Der Anfechtung der Wahl zum Gemeinderat der Stadtgemeinde Purkersdorf vom 19.03.95 wird nicht stattgegeben.
Der Auffassung der Anfechtungswerberin, daß die Verlautbarung des Bürgermeisters im Gemeindeamtsblatt suggeriere, es könne bei Verwendung sowohl eines nichtamtlichen als auch eines amtlichen Stimmzettels doppelt abgestimmt werden, vermag der Verfassungsgerichtshof nicht beizutreten. Denn in der zitierten Verlautbarung heißt es - auf dem Boden des §49 Nö GRWO 1994, wonach mehrere in einem Wahlkuvert enthaltene Stimmzettel als ein einziger Zettel zu zählen und von der Wahlbehörde bei der Auszählung "untrennbar miteinander zu verbinden" sind - ausdrücklich, daß "in diesem Fall", d.i. bei Verwendung eines amtlichen Stimmzettels für die Nennung einer Partei und eines nichtamtlichen Stimmzettels für die Nennung eines Gemeinderatskandidaten des Vertrauens, die Partei "vollkommen in den Hintergrund tritt" und das "Persönlichkeitswahlrecht" absoluten Vorrang gegenüber dem Parteienwahlrecht genießt. Dies entspricht aber der Vorschrift des §48 Abs5 Nö GRWO 1994 des Inhalts, daß bei Bezeichnung einer oder mehrerer Wahlparteien einerseits und eines oder mehrerer (derselben Partei zugehörigen) Bewerber andererseits die Stimme jedenfalls für den Bewerber (und seine Wahlpartei) - und nicht für eine ebenfalls eingetragene (andere) Partei - als abgegeben gelte.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Wahlen, StimmzettelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1995:WI11.1995Dokumentnummer
JFR_10049072_95W0I011_01