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82 GesundheitsrechtNorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung von Bestimmungen des MMHmG betreffend die Berechtigung zur Ausübung des Berufs des medizinischen Masseurs bzw Heilmasseurs mangels Eingriffs in die Rechtssphäre der antragstellenden Fachärztin für physikalische MedizinSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1. Das Medizinischer Masseur- und Heilmasseurgesetz (MMHmG) regelt die Berufe und die Ausbildungen zum medizinischen Masseur und zum Heilmasseur. Gemäß §1 Abs2 MMHmG dürfen diese Berufe nur "nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes ausgeübt werden".
§8 Abs1 und 2 MMHmG lautet samt Überschrift (der angefochtene Teil ist hervorgehoben):
"Berufsberechtigung - Medizinischer Masseur
§8. (1) Zur Ausübung des Berufs des medizinischen Masseurs sind Personen berechtigt, die
1. eigenberechtigt sind,
2. die für die Erfüllung der Berufspflichten erforderliche körperliche und geistige Eignung und Vertrauenswürdigkeit besitzen,
3. über die für die Berufsausübung erforderlichen Sprachkenntnisse verfügen und
4. einen Qualifikationsnachweis (§§9, 10 und 11) erbringen.
(2) Zur Ausübung des Berufs des medizinischen Masseurs sind auch folgende Personen berechtigt:
1.
Angehörige des physiotherapeutischen Dienstes und
2.
Heilmasseure."
§36 MMHmG lautet samt Überschrift (der angefochtene Teil ist hervorgehoben):
"Berufsberechtigung - Heilmasseur
§36. Zur Ausübung des Berufs des Heilmasseurs sind Personen berechtigt, die
1. eigenberechtigt sind,
2. die für die Erfüllung der Berufspflichten erforderliche körperliche und geistige Eignung (§8 Abs3 und 4) und Vertrauenswürdigkeit (§8 Abs5) besitzen,
3. über die für die Berufsausübung erforderlichen Sprachkenntnisse verfügen und entweder
4. einen Qualifikationsnachweis (§§38, 39 und 41) erbringen oder
5. zur Ausübung des physiotherapeutischen Dienstes berechtigt sind."
2. Die Antragstellerin ist Fachärztin für physikalische Medizin. Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 letzter Satz B-VG gestützten Antrag begehrt sie, §1 Abs2, §8 Abs2 (in eventu: §8 Abs2 Z1) sowie die Wortfolge "oder 5. zur Ausübung des physiotherapeutischen Dienstes berechtigt sind" in §36 MMHmG als verfassungswidrig aufzuheben.
Begründend wird dazu im Wesentlichen ausgeführt, es sei unsachlich, Ärzte, selbst Fachärzte für physikalische Medizin, nur bei Erbringung des allgemein vorgesehenen Qualifikationsnachweises zu den Berufen des medizinischen Masseurs oder des Heilmasseurs zuzulassen, während die - vergleichsweise "weniger umfassend ausgebildeten" - Angehörigen des physiotherapeutischen Dienstes ohne Weiteres berechtigt seien, eine Tätigkeit als medizinischer Masseur oder als Heilmasseur auszuüben.
Ihre Antragslegitimation begründet die Einschreiterin wie folgt:
"Durch die zitierten Bestimmungen werde ich in meinem Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz (Art2 StGG, Art7 Abs1 B-VG), in meiner Erwerbsfreiheit (Art6 StGG) und in meiner Freiheit der Berufswahl (Art18 StGG) verletzt. Dieser Eingriff in meine Rechtsphäre ist durch die angefochtenen Bestimmungen eindeutig bestimmt, da sie mir jede Ausübung des Berufes des medizinischen Masseurs oder des Heilmasseurs unmittelbar untersagen. Der Eingriff beeinträchtigt mich daher auch aktuell (laut §89 Abs1 MMHmG traten die angefochtenen Bestimmungen mit 1.3.2003, jedoch nicht vor dem vierten der Kundmachung dieses Gesetzes folgenden Monatsersten in Kraft; da das MMHmG am 23.12.2002 im BGBl. kundgemacht wurde, ist es seit 1.4.2003 in Kraft).
Der Eingriff in meine Rechte erfolgt ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung und ohne Erlassung eines Bescheides:
Während Angehörige des physiotherapeutischen Dienstes die Berufe des medizinischen Masseurs und des Heilmasseurs ex lege ausüben dürfen - ohne dass ihnen die Berufsberechtigung erst verliehen werden müsste (EB 1140 BlgNR XXI. GP, 56)-, ist mir die Ausübung dieser Berufe aufgrund von §1 Abs2 iVm §8 Abs2 und §36 MMHmG ex lege verboten.
Eine Möglichkeit, einen Bescheid zu erwirken, bestünde für mich nur im Zuwiderhandeln gegen dieses Verbot, was einen Strafbescheid nach §78 Abs1 MMHmG zur Folge hätte. Nach ständiger Judikatur des Verfassungsgerichtshofes stellt jedoch die Provokation eines Strafbescheides keinen zumutbaren Weg zur Abwehr des Eingriffes dar (z.B. VfSlg 9.826; 11.684; 14.260).
Die Erlassung eines Feststellungsbescheides betreffend die Berufsberechtigung ist im MMHmG wiederum nicht vorgesehen. Selbst wenn man dennoch die Zulässigkeit eines solchen Feststellungsbescheides annehmen würde, so ist dessen Erwirkung nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes doch dann nicht zumutbar, wenn - wie hier - der einzige Zweck des Feststellungsbescheides darin bestünde, ein Mittel zu gewinnen, um die gegen ein Gesetz bestehenden verfassungsrechtlichen Bedenken an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen (VfSlg 13.576; 13.886; 14.591)."
3. Gemäß Art140 Abs1 letzter Satz B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Ergehen einer gerichtlichen Entscheidung und ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.
3.1. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation im Normenprüfungsverfahren ist, dass die Norm nicht bloß faktische Wirkung zeitigt, sondern in die Rechtssphäre der betreffenden Person eingreift und sie im Fall der Rechtswidrigkeit verletzt. Diese Anfechtungsberechtigung kann - wie der Verfassungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat (siehe schon VfSlg. 8009 und 8060/1977; aus dem Blickwinkel des vorliegenden Falles vgl. insbesondere VfSlg. 9497/1982, 13.620/1993, 13.869/1994, 15.390/1998 und 15.665/1999) - von Vornherein nur einem Rechtsträger zukommen, an den oder gegen den sich die angefochtene Norm wendet (Normadressat).
3.2. Die Antragstellerin leitet ihre Betroffenheit bloß daraus ab, dass Angehörige des physiotherapeutischen Dienstes nunmehr berechtigt sind, (auch) eine Tätigkeit als medizinischer Masseur oder als Heilmasseur auszuüben. Mit diesem Vorbringen vermag sie jedoch nicht darzutun, dass ihre Rechtsposition durch die angefochtenen Gesetzesbestimmungen unmittelbar betroffen sei:
Diese Bestimmungen richten sich nämlich nicht unmittelbar an die zur Ausübung des Arztberufes befugten Personen, sondern erweitern den - sich aus dem MTD-Gesetz, BGBl. Nr. 460/1992 idgF, ergebenden (vgl. insbesondere dessen §2 Abs1) - Berechtigungsumfang der Angehörigen des physiotherapeutischen Dienstes. Deren Rechtsposition, nicht aber die eines Arztes, wird durch die in Rede stehenden Bestimmungen geregelt, was sich auch daran zeigt, dass die ärztliche Berufsbefugnis der Antragstellerin bei Aufhebung der angefochtenen Gesetzesstellen unverändert bliebe: Die Rechtsposition der Antragstellerin wird nämlich allein durch die ihre Tätigkeit regulierenden Vorschriften (insbesondere durch das Ärztegesetz 1998) gestaltet.
Der Verfassungsgerichtshof verkennt hiebei nicht, dass die den Angehörigen des physiotherapeutischen Dienstes durch die angefochtenen Gesetzesbestimmungen eingeräumten Rechte die wirtschaftliche Position der Antragstellerin beeinflussen können. Es handelt sich dabei aber nur um wirtschaftliche Reflexwirkungen der angefochtenen Normen. Diese Wirkungen können nichts daran ändern, dass die in Rede stehenden Regelungen die Rechtsstellung der Antragstellerin nicht unmittelbar gestalten, sodass ein Eingriff in die Rechtssphäre der Antragstellerin ausgeschlossen ist (vgl. VfSlg. 16.186/2001 mwN).
4. Der Antrag war daher - schon aus diesem Grund - zurückzuweisen, was ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden konnte (§19 Abs3 Z2 lite VfGG).
Schlagworte
Gesundheitswesen, Heilmasseure, VfGH / IndividualantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2004:G110.2004Dokumentnummer
JFT_09958794_04G00110_00