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41 Innere AngelegenheitenNorm
B-VG Art18 Abs1Leitsatz
Kein Verstoß der Regelung des AufenthaltsG über die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zum Zweck der Aufnahme einer Beschäftigung nur aufgrund einer Unbedenklichkeitsbescheinigung des Arbeitsmarktservice gegen das Legalitätsprinzip; ausreichende Determinierung des Verhaltens des Arbeitsmarktservice; keine Verletzung des Rechtsstaatsprinzips durch ein Zusammenwirken von Behörden in Form einer Bindung einer Behörde an von einer anderen Behörde festgestellte TatbestandselementeRechtssatz
Zurückweisung der Anträge auf Aufhebung des §5 Abs4 AufenthaltsG.
Die Anträge enthalten keine dem §62 Abs1 zweiter Satz VfGG entsprechende Darlegung der Bedenken im einzelnen gegen den Abs4 des §5 AufenthaltsG. Diese Vorschrift steht mit dem Abs2 des §5 AufenthaltsG aber auch nicht in einem untrennbaren Zusammenhang, sodaß es nicht möglich ist, die gegen §5 Abs2 AufenthaltsG vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken als auch gegen den Abs4 dieses Paragraphen gerichtet anzusehen. Der Umstand, daß die Bestimmung des Abs4 im Falle der Aufhebung (bloß) der Abs2 und Abs3 unanwendbar wird, vermag für sich allein nämlich einen untrennbaren Zusammenhang dieser Bestimmungen nicht zu begründen (vgl VfSlg 11591/1987, 12678/1991, S 420, 12928/1991).
Kein Verstoß des §5 Abs2 und Abs3 AufenthaltsG idF Art9 Z1 Arbeitsmarktservice-BegleitG, BGBl 314/1994, gegen Art18 B-VG.
Das Vorliegen einer "Unbedenklichkeitsbescheinigung" (damals: des zuständigen Landesarbeitsamtes, nunmehr) der zuständigen Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice ist gemäß §5 Abs2 AufenthaltsG (lediglich) eine Voraussetzung für die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nach dem AufenthaltsG. Bei der - gebotenen - getrennten Betrachtung der jeweiligen Rechtsvorschriften begründet der legale Aufenthalt im Inland noch keineswegs einen Anspruch auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG.
Insbesondere die Regelung des §4b Abs2 Z2 AuslBG, wonach eine nicht länger als zwölf Monate zurückliegende Feststellung der Unbedenklichkeit iS des §5 Abs2 AufenthaltsG die im Verfahren über einen Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung vorzunehmende Prüfung der Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes iS des §4 Abs1 AuslBG ersetzt, läßt erkennen, daß auch für die iS des §5 Abs2 AufenthaltsG zu treffende Feststellung die für die Prüfung der Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes maßgeblichen Vorschriften des AuslBG, somit insbesondere der §4 und der §4b dieses Gesetzes anzuwenden sind. Eine weitere Determinierung erfährt diese Feststellung durch die den Abschnitt VII des AuslBG ("Mitwirkung an der Vollziehung des Aufenthaltsgesetzes") bildende Vorschrift des §31a, die die vorherige Anhörung des (gemäß §23 Abs2 AuslBG eingerichteten) Unterausschusses vorschreibt.
Das vorgetragene Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes, es sei das gemäß §5 Abs2 AufenthaltsG rechtlich mögliche Verhalten der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice, das entweder in einer positiven oder in einer negativen Feststellung oder auch nur in einem Untätigbleiben bestehen könne, in keiner Weise determiniert, trifft somit im Ergebnis nicht zu.
§5 Abs2 AufenthaltsG ist in der Weise zu verstehen, daß in den danach in Betracht kommenden Fällen die Prüfung des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zum Zweck der Aufnahme einer Beschäftigung gemäß §2 Abs2 AuslBG auf zwei Behörden verteilt ist: Der zuständigen Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice obliegt es, - auf Anfrage durch die gemäß §6 AufenthaltsG zuständige Behörde - den Antrag auf Erteilung einer solchen Aufenthaltsbewilligung auf allfällige Bedenken gegen die Aufnahme der vom Antragsteller angestrebten Beschäftigung im Hinblick auf die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes zu prüfen und gegenüber der anfragenden Behörde eine entsprechende Feststellung zu treffen. Die gemäß §6 AufenthaltsG zuständige Behörde hat das Vorliegen der übrigen gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Aufenthaltsbewilligung zu beurteilen.
Eine gesetzliche Regelung, die das Handeln zweier Verwaltungsbehörden in dieser Weise miteinander verbindet, ist auf Grund der folgenden Erwägungen mit dem Rechtsstaatsprinzip sehr wohl vereinbar: Der über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zum Zweck der Aufnahme einer Beschäftigung gemäß §2 Abs2 AuslBG absprechende Bescheid der gemäß §6 AufenthaltsG zuständigen Behörde muß in seiner Begründung auch auf das Tatbestandselement allfälliger Bedenken gegen die Aufnahme der vom Antragsteller angestrebten Beschäftigung unter dem Gesichtspunkt der Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes eingehen.
Für den Fall, daß sich wegen der Säumigkeit der angefragten Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice die Säumigkeit der zur bescheidmäßigen Erledigung des Antrages auf Erteilung der Aufenthaltsbewilligung zuständigen Behörde gemäß §6 Abs1 AufenthaltsG ergeben sollte, gilt gleichfalls nichts anderes als in sonstigen Fällen der Säumigkeit von Verwaltungsbehörden (vgl §73 AVG und Art132 B-VG). Dabei wird - in Ermangelung einer dem §5 Abs2 AufenthaltsG entsprechenden Sonderregelung - die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde bzw der Verwaltungsgerichtshof selbst auch über das im erstinstanzlichen Verfahren der zuständigen Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Prüfung und Feststellung vorbehaltene Tatbestandselement allfälliger Bedenken gegen die Aufnahme der vom Antragsteller angestrebten Beschäftigung im Hinblick auf die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes zu befinden haben (vgl VwGH 17.01.84, 83/05/0049). Zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit eines derartigen Zusammenwirkens zweier Behörden bei der Erlassung eines Bescheides wird zudem auf VfSlg 10706/1985, S 769, hingewiesen.
Auch das Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes, §5 Abs2 AufenthaltsG würde die zur Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung berufene Behörde an ein Verhalten einer anderen Behörde binden, das keiner dem Rechtsstaatsprinzip entsprechenden Kontrolle unterliege, erweist sich somit als unbegründet.
Einstellung von weiteren Verfahren bzgl Gesetzesprüfungsanträgen zu der im gegenständlichen Verfahren geprüften Gesetzesbestimmung; keine Einbeziehung dieser Anträge mehr möglich angesichts des fortgeschrittenen Prozeßgeschehens.
Entscheidungstexte
Schlagworte
VfGH / Prüfungsumfang, VfGH / Formerfordernisse, VfGH / Bedenken, Aufenthaltsrecht, Arbeitsrecht, Ausländerbeschäftigung, Bindung (der Verwaltungsbehörden an Tatbestandsmerkmale), Zusammenwirken von Behörden, Entscheidungspflicht, Säumnis, Rechtsstaatsprinzip, VfGH / Verfahren, DeterminierungsgebotEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1995:G65.1995Dokumentnummer
JFR_10048988_95G00065_01