TE Vfgh Erkenntnis 2004/12/7 B16/02

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Veröffentlicht am 07.12.2004
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8200 Bauordnung

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

Spruch

Die Beschwerdeführerinnen sind durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Die Stadt Wien ist schuldig, den Beschwerdeführerinnen zu Handen ihres Rechtsvertreters die mit € 2.143,68 bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die mitbeteiligte Partei stellte am 2. März 2000 beim Magistrat der Stadt Wien den Antrag auf baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Wohngebäudes mit zwei Wohnungen auf dem vorderen bebaubaren Bereich nächst der Verkehrsfläche auf der Liegenschaft Kaasgrabengasse 83, KG Untersievering, 1190 Wien. Die Baubehörde erster Instanz führte in der Folge mehrere mündliche Bauverhandlungen durch, im Zuge derer die Beschwerdeführerinnen Einwendungen gegen das geplante Projekt erhoben.

2. Mit Bescheid vom 4. Juli 2001 bewilligte der Magistrat der Stadt Wien (MA 37/19) die Errichtung des geplanten Wohnhauses unter Bezugnahme auf den Bescheid über die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen vom 12. Mai 1997, dessen weitere Gültigkeit zuletzt am 3. Jänner 2000 gemäß §11 der Bauordnung für Wien bestätigt worden war.

3. Die Bauoberbehörde für Wien wies die von den Beschwerdeführerinnen gegen diesen Baubewilligungsbescheid erhobenen Berufungen mit dem angefochtenen Bescheid vom 13. November 2001 als unbegründet ab.

4. Gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 13. November 2001 richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Beschwerdeführerinnen die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG) und des Gebotes der Bestimmtheit von Gesetzen (Art18 B-VG) sowie die Gesetzwidrigkeit des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes der Stadt Wien vom 26. Juni 1985, Plandokument 5779 (idF: PD 5779) und die Verfassungswidrigkeit des ArtVIa der Bauordnung für Wien idF LGBl. Nr. 44/1996 behaupten.

5. Die Bauoberbehörde für Wien als belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie den Antrag stellt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

6. Die Beschwerdeführerinnen erstatteten eine Replik.

II. 1. Aus Anlass dieser Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 2. März 2004, B16/02-11, gemäß Art139 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Verordnung des Gemeinderates der Stadt Wien, Pr. Z. 1947/85 (Plandokument 5779), Beschluss des Gemeinderates vom 26. Juni 1985, Beschlussfassung kundgemacht im Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 28/1985 vom 11. Juli 1985 sowie im Amtsblatt zur Wiener Zeitung vom 11. Juli 1985, soweit damit für das Grundstück Kaasgrabengasse Nr. 83 auf dem vorderen, näher zur Kaasgrabengasse befindlichen Liegenschaftsteil eine Baufluchtlinie festgelegt wird, eingeleitet.

Mit Erkenntnis vom 7. Dezember 2004, protokolliert zu V33/04, hat der Verfassungsgerichtshof die genannte Verordnung in dem in Prüfung gezogenen Umfang als gesetzwidrig aufgehoben.

2. Der angefochtene Bescheid stützt sich auf die gesetzwidrige Verordnung. Es ist nach der Lage des Falles nicht ausgeschlossen, dass ihre Anwendung für die Rechtsposition der Beschwerdeführerinnen nachteilig war. Die Beschwerdeführerinnen wurden durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt (vgl. VfSlg. 10.404/1985).

Der Bescheid war daher aufzuheben.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 327,- und eine Eingabegebühr in der Höhe von € 181,68 enthalten.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2004:B16.2002

Dokumentnummer

JFT_09958793_02B00016_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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