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10 VerfassungsrechtNorm
EMRK Art11Leitsatz
Keine Verletzung des Versammlungsrechts durch Bestrafung wegen Nichtverlassen des Versammlungsortes nach behördlicher Auflösung einer Blockade auf der Brennerstrecke der ÖBB; Gesetzmäßigkeit der Auflösung einer ohne Versammlungsanzeige veranstalteten Spontanversammlung bei Gefährdung der in der EMRK aufgezählten SchutzgüterRechtssatz
Auch sogenannte Spontanversammlungen (etwa solche, deren fristgerechte Anzeige - §2 Abs1 VersammlungsG - bei der Behörde unmöglich ist, ohne den Versammlungszweck zu gefährden) sind als Versammlungen iS des VersammlungsG zu qualifizieren (zum Versammlungsbegriff siehe E v 30.11.95, B262/95 ua).
Die Mißachtung der Anzeigepflicht allein rechtfertigt die Auflösung einer Versammlung noch nicht.
Liegt nicht einer der im Art11 Abs2 EMRK angeführten Umstände vor, so ist sie weder vor ihrem Beginn (bescheidmäßig) zu untersagen, noch ist nach ihrem Beginn ihre Weiterführung (durch verfahrensfreien Verwaltungsakt) zu verbieten.
Die Umstände, die zur Verletzung der Anzeigepflicht hinzuzutreten haben, damit eine Versammlungsauflösung gesetzmäßig ist, müssen so geartet sein, daß ohne diese Maßnahme eines der in der zitierten Konventionsnorm aufgezählten Schutzgüter gefährdet wäre. Ob solche Umstände vorliegen, hat das Behördenorgan nach dem Bild zu beurteilen, das sich ihm an Ort und Stelle bietet. Dies muß der Veranstalter, der seiner Anzeigepflicht nicht nachgekommen ist, gegen sich gelten lassen; er hat in Kauf zu nehmen, daß kein förmliches Ermittlungsverfahren durchgeführt werden kann (vgl E v 30.11.95, B262/95 ua, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Bei diesem Inhalt des Gesetzes hegt der Verfassungsgerichtshof keine Bedenken gegen §13, §14 und §19 VersammlungsG.
Schlagworte
VersammlungsrechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1995:B2229.1994Dokumentnummer
JFR_10048870_94B02229_01