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74 Kirchen, ReligionsgemeinschaftenNorm
B-VG Art132Leitsatz
Zulässigkeit des Antrags auf Entscheidung eines negativen Kompetenzkonfliktes zwischen dem Verwaltungsgerichtshof und dem Verfassungsgerichtshof nach Zurückweisung von Säumnisbeschwerden wegen Untätigkeit des Kultusministers hinsichtlich eines Antrags der Baha'i auf Anerkennung als Religionsgesellschaft; Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofs zur Entscheidung über diese Säumnisbeschwerde ebenso wie im Falle des Anerkennungsantrags der Zeugen JehovasRechtssatz
Zulässigkeit des Antrags der Mitglieder des "Nationalen Geistigen Rates" der Baha'i auf Entscheidung eines negativen Kompetenzkonfliktes zwischen Verfassungsgerichtshof und Verwaltungsgerichtshof.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Säumnisbeschwerde nicht mit der Begründung zurückgewiesen, er sei an sich zur Entscheidung über die Säumnisbeschwerde unzuständig, sondern damit, daß das in der Säumnisbeschwerde enthaltene, nur auf Feststellung des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen der Anerkennung der Baha'i als Religionsgesellschaft iS des AnerkennungsG gerichtete Begehren unzulässig sei.
Der Sache nach läuft diese - obschon nicht in Form eines Beschlusses, sondern eines Erkenntnisses ergangene - Entscheidung aber darauf hinaus, daß der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit der Beschreitung des Verwaltungsweges schlechthin verneint.
Der Wortlaut des Spruches des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes Zl. 94/10/0087 läßt sowohl die Annahme zu, damit werde - anstelle des säumigen Kultusministers - der Antrag auf Feststellung des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen für eine Anerkennung zurückgewiesen, als auch jene, der Verwaltungsgerichtshof weise damit die an ihn gerichtete Säumnisbeschwerde als unzulässig zurück. Bei Ermittlung des normativen Inhaltes des Erkenntnisses kann bei der gegebenen besonderen Situation - insbesondere unter Bedachtnahme auf das soeben geschilderte primäre Anliegen der Einschreiter - die Begründung der Entscheidung nicht zur Ermittlung des Inhaltes ihres Spruches herangezogen werden.
Damit ist deutlich gemacht, daß sowohl der Verfassungsgerichtshof als auch der Verwaltungsgerichtshof in derselben Sache (Anerkennung der "Baha'i" als Religionsgesellschaft) ihre Zuständigkeit negiert haben.
Der Verfassungsgerichtshof bleibt bei seiner in der Vorjudikatur (zuletzt im Erkenntnis vom 04.10.95, KI-9/94) geäußerten und dort näher begründeten Meinung, daß der Kultusminister verpflichtet ist, aufgrund einer begehrten Anerkennung als Religionsgesellschaft iS des AnerkennungsG eine Rechtsverordnung zu erlassen, gegebenenfalls aber (auch) darüber mit einem (negativen oder positiven) Bescheid zu entscheiden; damit aber ist bei Vernachlässigung dieser Pflicht eine Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.
Das bedeutet für den vorliegenden Fall, daß der Verwaltungsgerichtshof - ausgehend von einer (wie sich aus der zitierten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ergibt) unzutreffenden Rechtsauffassung - den Antragstellern zu Unrecht eine Sachentscheidung über ihren Antrag verweigert hat, "der Verwaltungsgerichtshof möge über die an die belangte Behörde (BMUK) gerichteten Anträge vom 31. August 1981 und 7. September 1988 selbst in der Sache erkennen und das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für die Anerkennung der Baha'i-Religionsgemeinschaft im Sinne des Anerkennungsgesetzes feststellen."
Es war daher auszusprechen, daß die Entscheidung über die Säumnisbeschwerde in die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes fällt, und das entgegenstehende Erkenntnis aufzuheben.
Entscheidungstexte
Schlagworte
VfGH / Kompetenzkonflikt, Verwaltungsgerichtshof, Zuständigkeit Verwaltungsgerichtshof, Säumnisbeschwerde, ReligionsgesellschaftenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1995:KI11.1994Dokumentnummer
JFR_10048796_94K0I011_01