Index
L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Keine Stattgabe der Anfechtung einer Landwirtschaftskammerwahl; keine Verletzung der Prinzipien des persönlichen und direkten Wahlrechts durch die Regelung des Wahlrechts juristischer Personen; keine Verfassungswidrigkeit der Regelung des Wahlrechts von Familienangehörigen und ehemals selbständigen Berufszugehörigen; keine Bedenken gegen die Regelung des Ermittlungsverfahrens nach dem d'Hondt'schen PrinzipRechtssatz
Keine Stattgabe der - zulässigen - Anfechtung der Wahl in die (Vollversammlung der) Kammer für Land- und Forstwirtschaft in Salzburg am 12.02.95.
Keine Verletzung der Prinzipien des direkten und persönlichen Wahlrechts.
Die Bundesverfassung schreibt die persönliche Wahl nur für bestimmte Wahlen vor (Art26, Art95, Art117 B-VG; VfSlg 10412/1985). Wahlen zu den Berufsvertretungen zählen nicht dazu (VfSlg 8590/1979). In einer gegliederten Interessenvertretung könnte ein Wahlrecht, das allen Grundsätzen des Art26 B-VG völlig entspräche, nicht zum gewünschten Ergebnis führen: Hier ist nämlich der Grundsatz der indirekten Wahl wesentliche Voraussetzung dafür, daß die Interessen aller Gruppen in den obersten Organen der Selbstverwaltung vertreten sind (vgl Korinek, Wirtschaftliche Selbstverwaltung, 1970, 223).
Wird eine physische Person (auch) zur Abgabe einer Stimme für eine juristische Person bevollmächtigt, erhält sie damit kein eigenes doppeltes Stimmrecht, denn in einem solchen Fall gibt die wahlberechtigte physische Person die zweite Stimme nicht im eigenen Namen ab, sondern für einen anderen Wahlberechtigten, der ja als juristische Person einer Vertretung bedarf. Die Stimme des Bevollmächtigten selbst hat nach wie vor den gleichen Einfluß auf das Wahlresultat wie jede andere Wählerstimme.
Es ist nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofs aus der Sicht der vorliegenden Rechtssache verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn §3 Sbg LandwirtschaftskammerG den Wirkungskreis der Landwirtschaftskammer (unter den einschränkenden Voraussetzungen des §6 Sbg LandwirtschaftskammerG) auch auf berufstätige Familienangehörige erstreckt. Es entspricht nämlich dem Regelfall, daß zur Familie zählende Arbeitskräfte bei Vorliegen einer Hausgemeinschaft in einer derartigen persönlichen Nahebeziehung zum Arbeitgeber stehen, daß - anders als bei Arbeitskräften, die nicht zum Familienverband gehören - die Annahme eines Interessengleichklangs und damit die Zuordnung zu den Landwirtschaftskammern, nicht aber zu Landarbeiterkammern gerechtfertigt sei (s VfSlg 8539/1979).
Gleiches gilt für die gesetzlich festgelegte Kammerzugehörigkeit und fortdauernde Wahlberechtigung der ehemals selbständig berufstätigen Berufszugehörigen (s VfSlg 4825/1964); denn das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben bringt nicht jene radikale Veränderung der Interessenlage mit sich, die eine weitere Zugehörigkeit zur bisherigen gesetzlichen Interessenvertretung schlechthin unsachlich machen würde (s VfSlg 8590/1979).
Das Ermittlungsverfahren des in der Anfechtungsschrift ebenfalls als verfassungsrechtlich bedenklich bezeichneten §36 Sbg LandwirtschaftskammerG beruht der Sache nach auf dem d'Hondt'schen Prinzip. Eine Regelung dieser Art entspricht nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs der Verfassungsrechtslage (s ua das auch auf Wahlen zu Selbstverwaltungskörpern übertragbare Erk VfSlg 8700/1979).
Entscheidungstexte
Schlagworte
Wahlen, berufliche Vertretungen, Wahlrecht persönliches, Landwirtschaftskammern Wahlen, Landwirtschaftskammern Mitgliedschaft, Verhältniswahl, Person juristischeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1996:WI2.1995Dokumentnummer
JFR_10039771_95W00I02_01